Studien, ja gerne!

24. Oktober 2014: Studien und Apotheken-Umschau

Also ich habe in den letzten Jahren viel darüber geschrieben, wie – und hier habe ich die Apotheken-Umschau und ihre „Unter-Blätter“ gerne als Beispiel genommen – Studien sinnlos vorgestellt, schlecht interpretiert und gar nicht hinterfragt werden.

Dafür muss ich mich entschuldigen. Ich las nämlich den Seniorenratgeber 10/2014 und stieß auf Seite 8 auf eine überaus wichtige Meldung:

„Bei einer Langzeitstudie mi 16.000 älteren Frauen stellten die Wissenschaftler unter den Nussgenießerinnen eine bessere geistige Fitness fest.“

Ey, ich sag’s doch immer! Mir soll noch mal einer kommen und sagen, ich solle endlich weniger Nüsse essen. Diese Studie hat Recht, ich bin dem Seniorenratgeber dankbar, dass er das veröffentlich hat. Es interessiert mich auch nicht, was hier mit ältere Frauen gemeint ist, ich zähle mich mal kurz dazu. Es interessiert mich auch nicht, warum das nicht an Männern oder Kindern getestet wurde. Hauptsache ist doch, dass das Ergebnis der Studie meine Vorlieben kräftig unterstützt.

Und entschuldigt bitte, wenn ich ein bisschen unverständlich klinge – ich habe mir gerade mit gutem Gewissen den Mund mit Nüssen vollgestopft 🙂

Wechseljahre – das Frauenentwertungsthema

Kommentar vom 8. Juli 2009: Ausbildung zum Wechseljahrsberater, Teil 1

Ich schaue mir gerne Websites an, auf denen Ausbildungen zum Gesundheits- oder Ernährungsberater angeboten werden. Das verschafft mir immer so ein wohliges Gruseln, weil dort „natürlich“ die Vollwerternährung immer nur unter ferner liefen erscheint, der Name Bruker ist unbekannt (nehme ich mal die Lahnsteinsche Seite aus, aber das ist ja klar). Bei einem Institut (http://www.ife-brinkhaus.de) stieß ich aber dann auf einen echten Knüller: Wechseljahrberater/in mit Zertifikat.

Das Thema „Wechseljahre“ eignet sich wunderbar, um Frauen zu entwerten. Das fängt damit an, dass alte Männer sich nach jungen Mädchen umdrehen dürfen, ich aber gefälligst einen Partner immer unter den mindestens 5-Jahre-Älteren suchen muss. Auch Werbung für Frauen über 45 Jahren zeigt ganz klar, wie die Wechseljahrsfrau zu sein hat: ein wenig unmodisch in Bluse und weitem Rock, falsche blendende Zähne, eine gepflegte kinnlange Frisur, dezentes Makeup. Hilflos vor dem PC und am Handy, das Großmutterglück schon in den Augen.

Da passt es natürlich, dass es nun extra eine Ausbildung gibt, die uns arme Frauen durch die Wechseljahre begleitet. Wer sich erdreistet, die Wechseljahre als etwas Natürliches zu betrachten, das wie alle Altersphasen Vor- und Nachteile hat, wird bald eines besseren belehrt. In die Wechseljahre zu kommen ist Ih-Pfui, quasi eine Krankheit. Und was bringt da dieser Kursus?

  • Jede Frau kommt in die Wechseljahre und 90% davon haben Beschwerden.

Der erste Teil des Satzes ist so offensichtlich (wie „alle Menschen sterben“), dass wir natürlich gleich den zweiten Teil als Wahrheit mitschlucken. Oder? Wer sagt das mit den 90 %? Und was sollen das für Beschwerden sein? Ich kenne mehrere Frauen, die keine oder nur geringe Beschwerden gehabt haben. Aber ich kenne auch Frauen, die gerne Schwächen, die sie sich zugelegt haben, auf die Wechseljahre schieben.

  • Wechseljahre können dann für die Frauen mit einem hohen Leidensdruck verbunden sein.

Man beachte: Hier wird nicht von Leidensdruck oder Schwierigkeiten, sondern gleich von hohem Leidensdruck gesprochen. Da kann ich nur gegenhalten: Jede Lebensphase kann für Frauen und Männer mit einem hohen Leidensdruck verbunden sein, wenn sie sich z.B. gegen die Phase wehren. Das gilt zum Beispiel auch für die Pubertät bei Kindern, die nicht „erwachsen“ werden wollen und demzufolge besondere Probleme bekommen.

  • Die behandelnden Ärzte haben zunehmend weniger Zeit für eine intensive Aufklärung über den Hintergrund und die Behandlungsmöglichkeiten in den Wechseljahren.

Behandelnde Ärzte. Klar, was das heißt? Das heißt: Frauen in den Wechseljahren gehören zum Arzt. Zum Arzt gehe ich, wenn ich krank bin – also wird hier unterschwellig gesagt: Wechseljahre sind wie Krankheit. Dafür spricht auch der letzte Teil, nämlich die Behandlungsmöglichkeiten. Und natürlich gehen wir Frauen auch zu einem Arzt, nicht zu einer Ärztin. Männer wissen doch sowieso viel besser, was für uns gut ist. Sie kennen auch unseren Körper besser als wir selbst oder eine andere Frau. Oder?

  • Darüber hinaus wird in den Medien eine Fülle an widersprüchlichen Informationen zu diesem Themenkomplex veröffentlicht, die zu einer Verunsicherung der betroffen Frauen führen.

Verunsicherte Frauen, klar – wir Frauen neigen ja zur Verunsicherung. Da suchen wir was? Die starke Hand eines (männlichen) Arztes natürlich, die uns zeigt, wo’s lang geht und uns die Mittelchen geben, damit wir uns endlich nicht mehr so natürlich benehmen, ups, sorry, damit wir diese Beschwerden auch wirklich als solche wahrnehmen und bitte bitte mit IGeL-Leistungen auch noch medikamentös bekämpfen.

  • Die Veränderungen im eigenen Körper, im engsten Lebensumfeld und das wachsende Bewusstwerden über die eigene Endlichkeit macht professionelle Beratung erforderlich.

Veränderungen im eigenen Körper, ja, die gibt es. Aber was sind denn das für wechseljahrsbedingte Veränderungen im engsten Lebensumfeld? Werden wir jetzt vom Ehemann verlassen, weil der ein gebärfreudigeres Becken sucht? Sonst fällt mir dazu wirklich gar nix ein. Das wachsende Bewusstwerden über die eigene Endlichkeit erhalte ich auch, wenn ich mir sorgfältig meine Haut betrachte, denn gerade an der Haut sehen wir am Besten, wenn wir nicht mehr 20 sind. Das gilt natürlich auch für Männer. Jeder, der älter wird, bekommt dieses Endlichkeitsgefühl. Auch das weiß ich aus meinem Bekannten- und Freundeskreis. Das ist völlig normal – und muss doch nicht beraten werden.

Ich möchte hier schon sagen: Wechseljahre müssen nicht behandelt werden. Wechseljahre sollten wir einfach akzeptieren lernen, genau wie wir anderen Veränderungen einen Platz einräumen. Und übrigens: Wer konsequent vollwertig tiereiweißfrei, am besten 100 % tiereiweißfrei lebt, wird garantiert keine oder nur minimale Erscheinungen haben. Ich kann das nur behaupten, nicht belegen, da ich dazu keine Studien oder wissenschaftlichen Untersuchungen kenne (wer sollte die auch bezahlen? Die Industrie hat sicher kein Interesse daran!). Ich kann das nur aus meinem kleinen Bekanntenkreis als Erfahrung wiedergeben. Und dies auszutesten steht jeder Frau frei.

Morgen geht’s weiter….