Aber…

Kommentar vom 11. August 2010: Das kleine Wörtchen ABER

Eine Leserin hatte vor einigen Wochen angeregt, dass ich mal etwas über die Formulierung „ja aber“ (die wir ja immer wieder hören, wenn wir anderen Menschen helfen wollen) schreibe. Dazu ist jedoch schon so viel gesagt worden, fast jeder kennt das Spielchen: Ich gebe einen Rat, mein Gegenüber sagt zu allen Vorschlägen, egal, wie ich sie abschwäche oder verändere: „Ja…. ABER!“ und zeigt damit, dass quasi jede Änderung unmöglich ist. Dieses Problemchen lockt mich heute gar nicht, es ist das Wörtchen „aber“ ganz für sich alleine.

Im Zuge eines Kommunikationsseminars habe ich gelernt, dass das Wörtchen „aber“ alles vorher Gesagte auf den Kopf stellt. Der Seminarleiter meinte sogar, wir sollten das Wörtchen „aber“ ganz aus unserem Wortschatz streichen.

Nun, soweit würde ich jetzt nicht gehen. Eine gewisse Achtsamkeit bei der Verwendung ist mir seit dieser Zeit eigen und gerade in hitzigen Auseinandersetzungen versuche ich das immer zu beachten.

Ein schönes Beispiel für die Abwertung durch dieses kleine Bindewörtchen ist der Besuch einer Freundin, die stolz ihr neues Kleid vorführt. Ich kann jetzt einfach ausrufen: „Oh, ein tolles Kleid, die Farbe steht dir gut, es sitzt perfekt.“ Dann freut sie sich. Ich kann auch sagen: „“Oh, ein tolles Kleid, die Farbe steht dir gut, es sitzt perfekt. Aber der Ausschnitt ist zu tief.“ Was bleibt jetzt bei meiner Freundin im Gedächtnis? Die Freude an dem neuen Kleid oder meine Kritik? Mit ziemlicher Sicherheit können wir davon ausgehen, dass der „tiefe Ausschnitt“ an ihr nagt.

Ein weiteres Beispiel ist der Sprössling, der mit einer 2 in Latein nach Hause kommt. Der Vater klopft ihm auf die Schulter, sagt stolz: „Das ist toll, dass du dich so hochgearbeitet hast.“ Sohnemann strahlt auch. Dann fährt der Vater fort „Aber beim nächsten Mal kannst du es noch besser machen.“ Da sackt der Sohn in sich zusammen – wieder hat er die hohen Ansprüche nicht erfüllen können, das bleibt ihm im Gedächtnis. Es wäre nicht ganz so vernichtend gewissen, hätte der Vater ein schlichtes „und“ gewählt: „Das ist toll, dass du dich so hochgearbeitet hast und beim nächsten Mal kannst du es noch besser machen.“ Dahinter steck viel mehr Vertrauen.

Ich habe diesen Gedankengängen damals in dem Seminar kritisch gegenüber gestanden. Ist das nicht zu viel Wortklauberei? Dann habe ich begonnen, meine eigene Sprache daraufhin etwas sorgsamer zu überwachen. Wenn ich beispielsweise Zeit habe und etwas schreiben will, probiere ich beide Varianten aus: Die mit ‚aber‘ und die mit ‚und‘ (oder auch zwei getrennten Sätzen). Mit der Zeit lässt sich da schon ein Eindruck gewinnen, wo es übertrieben wirkt, wenn ich das aber um jeden Fall vermeiden will, und wo es angebracht ist.

Übrigens: Der einfache Austausch des Wörtchens „aber“ durch „jedoch“, „dennoch“ usw. ist nicht die richtige Lösung 🙂

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7 Gedanken zu “Aber…

  1. vinci 11. August 2010 / 18:21

    Ich finde den Beitrag sehr interessant, aber …. 😉

    Danke, werde auch bei mir mehr darauf achten.

    Ähnlich interessant ist die Beobachtung von „ich muss“…
    ABER das ist ein anderes Thema.

    • onebbo 11. August 2010 / 18:58

      Gut gekontert 🙂 Stimmt, nach „ich kann das nicht“ und „aber“ fehlt jetzt noch das „ich muss“ – obwohl ich nicht sicher bin, ob man das noch vom „ich kann das nicht“ abgrenzen muss :mrgreen:

      • vinci 12. August 2010 / 18:51

        *grins* 😀

  2. mialieh 11. August 2010 / 20:21

    ja, aber… finde ich auch nervig.

    • onebbo 12. August 2010 / 05:55

      Es ist nervig. Obwohl die Problematik schon jeder kennt, wird’s immer noch häufig benutzt.

  3. Sonja 12. August 2010 / 17:44

    Danke für diese Gedanken, ich werde da mal bei mir drauf achten 🙂

    • onebbo 12. August 2010 / 18:00

      Ich fand das damals sehr spannend (!), als ich mit der Beobachtung angefangen habe.

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