Kommentar vom 23. November 2010: Gastbeitrag: Meine Vollwertgeschichte
Ich kenne die Verfasserin telefonisch. Wir haben ja beide die Gallenkoliken gemeinsam. Ich wünschte, viele Gallenstein-gefährdete Menschen lesen dies und stellen ihre Ernährung vorher um.
Die Vollwertkost wurde mir nicht in die Wiege gelegt. Im Gegenteil! Meine Eltern führten damals in zweiter Generation ein Lebensmittelgeschäft – heute würde man es Tante Emma-Laden nennen. Gestillt wurde ich nicht – in den 60er-Jahren schadete das ja noch der weiblichen Figur. Dafür bekam ich Schmelzflocken mit Vollmilch! Später waren üppige Fleischgerichte, Dosengemüse, Maggi-Fix und Dr. Oetker selbstverständlich und alltäglich für mich. Gab es etwa auch was anderes?
Meine persönlich Wende kam 1988. Ich war 23 Jahre und mit meinem ersten Kind schwanger. Mein damaliger Chef schenkte mir das Buch „Biologischer Ratgeber für Mutter und Kind“. Obwohl ich das Buch verschlungen habe und sofort begriff, was bislang alles schief gelaufen war, schaffte ich es erst sechs Jahre später etwas zu verändern. Ich hatte inzwischen drei Kinder und trennte mich gerade von meinem Mann. In dieser Zeit der Veränderungen erinnerte ich mich an das Buch – las es erneut und verzichtete zunächst auf Fleisch. Zum Geburtstag ließ ich mir eine Hand-Getreidemühle schenken und probierte erstmals den Frischkornbrei. Meinen Kindern habe ich von Anfang an immer wieder erklärt, warum ich mich anders ernähre, als Vater und Großeltern – ließ ihnen aber stets die Wahl auch dort zu essen.
1996 habe ich dann meine erste elektrische Getreidemühle gekauft und ein Jahr später meinen Flocker. Mit der Geburt meines vierten Kindes 1999 gab es dann aber einen tiefen Riss. Mein Lebensgefährte lebte und arbeitete damals von Montag bis Freitag etwa 150 km entfernt, so dass ich unter der Woche alleinerziehend war. Aus Angst vor finanzieller Abhängigkeit fing ich sofort nach dem Mutterschutz wieder mit einer dreiviertel Stelle an zu arbeiten. Selbstverständlich habe ich auch das vierte Kind voll gestillt (8 Monate), was dazu führte, dass ich eigentlich ständig auf dem Sprung war .
A la „Superweib“ wollte ich es allen beweisen! Nach gut zwei Jahren war ich dann so fertig, dass ich neben einem Burn-out-Syndrom auch einen Hörsturz bekam und völlig am Boden lag! Das war die Zeit, in der ich wieder alles vergaß und in anerzogene Ernährungsfehler zurück fiel. Innerhalb weniger Jahre futterte ich mich von 70 kg auf 105 kg hoch! Bereits nach kurzer Zeit hatte ich dann auch neben ständigen Zahnfleischentzündungen, Bluthochdruck, Magenschleimhautentzündung auch Gallenkoliken usw.
2005 schaffte ich den „Absprung“ und wiege nun schon seit drei Jahren wieder 65 kg (plus minus ein paar kg). Geschafft habe ich es mit Vollwertkost. Anfangs noch klassisch mit Eiern, Käse und sonstigen Milchprodukten. Damit bekam ich die Gallenkoliken aber nicht in den Griff. Erst als ich das tierische Eiweiß nach und nach komplett gestrichen habe (zuletzt auch Butter, Sahne etc.) war es gut. So ernähre ich mich nun seit mehr als einem Jahr, höre (fast immer) auf meinen Körper und es geht mir gut! Hier ein großer Dank an Ute, die ja nicht nur mich stets mit neuen Rezepten ohne Tierprodukte versorgt. Ich gehöre übrigens auch zu denen, die sich erst dank Ute mit Sauerteig und Brotbacken angefreundet haben 🙂
Ach ja: Das Geschäft meiner Eltern existiert immer noch. Es wird inzwischen von meinem „kleinen“ Bruder geführt. Mein Vater hat seit Jahrzehnten Diabetes und Bluthochdruck. Meine Mutter hat Arteriosklerose, inzwischen 6 Bypässe und nimmt täglich unzählige Medikamente. Auch mein Bruder hat seit einigen Jahren Diabetes – letztes Jahr wurde ihm deswegen ein großer Zeh amputiert…
Wenn ich ihnen vorsichtig zu erklären versuche, dass die Gründe dafür in jahrzehntelanger Fehlerernährung liegen, gehen sie hoch wie früher das HB-Männchen! Ich habe ja wohl keine Ahnung – sie haben ihr Leben lang die besten „Lebensmittel“ gegessen. Ich dagegen werde schon noch sehen, wohin mich meine „Körnerfresserei“ führt. Am schlimmsten ist aber, dass ich auch noch die vier armen Kinder mit hineinziehe…
Auch wenn es mir schwer fällt: Ich akzeptiere das inzwischen und lasse sie ihr Leben leben!
krass, das mit den eltern und dem bruder… und wie immer: eine beeindruckende geschichte…
Möchte mich den Worten meine Vorrednerin anschließen.
Bedauerlich, dass Eltern und Bruder nicht für sich die Verantwortung übernehmen möchten. Das muss man in der Tat schweren Herzen akzeptieren.
Weiterhin alles Gute auf deinem Weg.
Ich finde unglaublich klasse, dass Du trotz all dieser widrigen Umstände den Sprung zur guten Ernährung (wieder) geschafft hast. Toll! Drück mir mal die Daumen, dass ich das auch hinbekomme 🙂
Und das mit Deinen Eltern und Deinem Bruder: Ich denke schon, dass sie wissen, was sie so alles falsch gemacht haben. Das können sie ja auch an Dir sehen: Du bist wieder schlank und gesund, sie sind es nicht. Aber über seinen eigenen Schatten zu springen und das vor sich selber zuzugeben, ist bestimmt alles Andere als einfach. Und darum sind sie bei diesem Thema wohl etwas empfindlich … und eine Portion Neid spielt da sicher auch eine Rolle.
Viele Grüße an Dich und alles Gute 🙂