Kommentar vom 16. April 2011: Menschen sind mehr, als du glaubst
Personen, die in der Öffentlichkeit stehen (ich nenne sie hier der Einfachheit halber mal VIPs = Very Important Persons), haben häufig eine sogenannte Fan-Gemeinde, also Menschen, die das Auftreten bzw. die Meinungen der „VIPs“ für gut befinden und außerhalb der VIP-Gemeinde als unkritisch gelten – was sie nicht sein müssen! Das können Anhänger eines Pop-Sternchens wie Britney Spears oder eines Philosophen wie Theodor Adorno sein. Anhänger einer Philosphopie werden gemeinhin nicht als Fan-Gemeinde bezeichnet, weil wir unter „Fans“ immer eher die Bilder kreischender Teenies vor uns sehen. Ich bin einmal so „dreist“ und zähle auch sie zu den Fans.
Das Problem mit den „Fans“ ist, dass sie die VIPs häufig auf eine Eigenschaft reduzieren. Dass sie sich ein Bild von „ihrem“ VIP machen – und sie quasi überreagieren, wenn dann der VIP auch einmal öffentlich Eigenschaften zeigt, die sie nicht gewohnt sind, wenn die VIPs einfach mal eine andere Facette ihres Könnens zeigen. Das ist nicht gerne gesehen! Dann wird gerne hämisch der Spruch „Schuster bleib bei deinen Leisten!“ benutzt.
Die Fans haben sich ein Bild von „ihrem“ VIP gebastelt und wehe, er macht etwas, das ihrer Ansicht nach ins Bild passt! Ich will das einmal etwas konkreter darstellen, und dann versteht Ihr auch, wie ich zu diesem Artikel kam.
Da mein Wirken und Werken für die Vollwerternährung sich vorwiegend auf einer Ebene abspielt, die ich nicht mit „Öffentlichkeit“ verbinde (das sind für mich Presse, Fernsehen & Radio), ist mir lange nicht bewusst gewesen, dass ich in der Öffentlichkeit stehe. Mit regelmäßigen YouTube-Filmen zur Vollwertkost habe ich mittlerweile Besucherzahlen von bis zu mehreren Tausend YouTubelern bei Rezepten und Vollwertecken-Filmen. Meine Homepage hat an guten Tagen um die 9000 Besucher, die höchste Besucherzahl auf dem Blog war 971. Dazu kommt noch der Buchverkauf. Ich bin zwar nicht weltbekannt :-), aber ich bin auch nicht mehr unbekannt. Daran muss ich mich gewöhnen.
Es gibt nun Menschen, die gerne sehen und lesen, was ich so mache. Es gibt auch welche, denen ich es nicht recht mache, aber um die geht es in diesem Artikel nicht. Vor allem in YouTube können die Zuschauer sich ein Bild von mir machen: Sie hören mich, sie sehen mich (vor allem in den kleinen Ansprachen am Ende der Vollwerteckenfilme) – und sie glauben, mich zu kennen, obwohl sie nur einen Ausschnitt von mir und meinen Fähigkeiten sehen. So richtig klar wurde mir das, als ich vor wenigen Tagen einen Kommentar zu meiner Wissenschaftssatire las:
Liebe Ute-Marion,
als ein großer Fan vor Dir, hoffe ich, dass Du mir meine Worte nicht übel nimmst, auch wenn Diplomatie eine meiner größten Schwächen ist.
Als ich damals NIna gesehen habe, wie sie Joachim Bublath aus der Sendung gemobbt hat ( youtube com watch f3QIrp2XmWo ), dachte ich ich spontan:
Erstens, Mann, die ist wirklich so unfassbar balla balla, wie ich schon immer dachte. Und zweitens, warum macht sie nícht das, was sie kann? SINGEN!!!
Betonung auf „warum macht sie nícht das, was sie kann“, damit da keine Missverständnisse aufkommen.
Liebe Grüße
Was die Verfasserin mir durch die Blume sagen wollte ist: „Du machst etwas, was du absolut nicht kannst.“ Also entweder ist der Film nicht lustig, oder blöde oder was? Nun bin ich durchaus selbstkritisch, ich habe den Film nicht nur selbst mehrmals kritisch durchleuchtet, sondern auch Freunden gezeigt, die keine Scheu haben, mir zu sagen, wenn etwas nicht okay ist. Keiner hat mir von der Veröffentlichung abgeraten, im Gegenteil. Aber diese Menschen kennen mich auch außerhalb meiner Vollwerttätigkeit, haben ein größeres, breiteres Bild von mir als eine YouTubelerin. Für viele Leute bin ich „Die Vollwert-Ute“. Da gestehen mir die Zuschauer Kompetenz zu, so mögen sie mich. Wenn ich aber mehr von mir zeige, was ich auch noch kann – das passt nicht ins fertige Bild.
Das ist völlig menschlich, so zu reagieren, und ich will hier auch niemandem einen Vorwurf machen. Ich möchte einfach mal an einem Beispiel zeigen, wie wir dazu neigen, unsere Mitmenschen auf eine Eigenschaft zu reduzieren. Das gilt ja nicht nur für die Öffentlichkeit, sondern auch für Menschen, die wir über andere Kanäle kennen, manchmal für Menschen, die uns sehr nahe stehen. Ich will mich davon selbst gar nicht frei machen. Und so gilt mein folgender Appell auch für mich selbst: Gib deinen Mitmenschen Luft zum Atmen. Gestehe ihnen zu, dass sie mehr können, als du bisher von ihnen gesehen hast. Vielleicht haben sie auch Eigenschaften, die dich stören, und die du nicht gerne sehen möchtest? Mache die Schublade auf, in die du sie gesteckt hast. Sie können mehr. Sie sind größer als der Ausschnitt, den sie dir bisher gezeigt haben.
Also, ich habe folgendes „Bild“ von dir: Kritisch, mittleres Alter, im Berufsleben stehend, naturliebend, …und das alles ist mir sehr sympatisch. Man kanns oft niemanden recht machen und nicht jeder mag jeden. Muss auch nicht sein. Wirst du eigentlich auch erkannt und angesprochen, als „Vollwert-Ute“ in deiner Stadt von anderen Leuten ?
Nee, in der Stadt erkennt mich niemand. Ich glaube, da überschätzt du meinen Bekanntheitsgrad doch um einiges 😉 Vollwert ist ja nicht so skandalträchtig.
Himmel, welch weltbewegende Fernseh-Ereignisse man nicht alle so verpasst, wenn man keinen Fernseher hat 😀
Also – der Vergleich zu Bublath passt nicht. Du bist ja – im Unterschied zu Nina – gegen niemanden persönlich geworden, sondern hast in satirischer Weise auf einen gesellschaftlichen Zustand (hier: Durchführung wissenschaftlicher Studien zu Themen, die einfach überflüssig sind) hingewiesen. Nicht mehr und nicht weniger.
Ja, so sehe ich das auch. (Ich wusste ohne TV ja gar nicht, wovon sie spricht. Danke für die Erhellung).
öhm…… ich hab auch kein TV. Ich habe mir auf Youtube den anderen Film angesehen: http://www.youtube.com/watch?v=ZHZnDfejypQ
Danke für den ausführlichen Link.
Ich frage mich gerade, ob KADER LOTH nicht auch eine ganz wundervolle Ergänzung dieser heiteren Runde gewesen wäre 😀 😛
Ja das ist wohl war. Wir fühlen uns von einer Eigenschaft, Darbietung, einem Werk angesprochen. Es erfüllt ein persönliches Bedürfnis, sorgt für Freude, Vertrautheit, wir wünschen Wiederholung, versuchen nachzuahmen. Aber immer, immer sollte gesunde Distanz, aber auch wie Ute meint Toleranz gezeigt werden. Kein Mensch, weder zu Guttenberg, der Papst (sein Geburtshaus als Pilgerstätte heute eröffnet!) oder Mutter Theresa sollten auf einen Kultsockel gehievt werden! Ganz zu schweigen von der leidigen, peinlichen Begeisterung für begabte oder minderbegabte Promis. Kein Mensch ist heilig, viele der „Angebeteten“ haben oft auch sehr dunkle Seiten. Gut wäre, nicht abhängig von Moden und Vorbildern zu sein, jedoch sich zu einer starken, aber sozialen Persönlichkeit zu entwickeln – auch nicht so einfach für den Menschen als Herdentier.
Das Herdentier, sicher ein wichtiger Punkt. Aber über das Stadium sollten wir, wie du ja richtig aufführst, hinaus sein.
Ich musste das Satire Video 2x guggen, bis ich kapiert hatte, worums geht und das das nur ein Joke war usw…aber warum sollte Ute sich denn nicht auch mal auf für uns vielleicht ungewohntes Gebiet wagen und mal ein kritisch-humorvolles-selbstironisches Video machen? Wer weiß? Vielleicht ist Sie ja privat voll Lustig ? Wir wissen es nicht, können nur rein interpretieren, ahnen, ..:-)….:-))
Ich bin privat völlig humorlos 😉 😉 😉
Dass ich einen Hang zur Satire habe, ist den Bloglesern sicher klar, sie werden daher auch nicht so arg überrascht sein. Auf YouTube – wer nach Vollwert schaut – bin ich eher „bierernst“. Insoweit sicher ungewohnt.
Es gibt ein sehr gutes Buch von“Jiddu Krishnamurti“–Du bist die Welt–.da geht es auch darum, das wir die Menschen immer so sehen, wie wir sie kennen, also nicht total gelöst davon.Also ein Beispiel:Wir kennen Jemanden, der uns mal geärgert hat. Wenn wir diese Person wiedertreffen, werden wir uns wieder genau dieser Vergangenheit, also des Ärgers erinnern. Wir können diese Person nie wertfrei sehen.
ich hab`s mal versucht, Freunde, ohne mein Wissen über sie zu „sehen“. Es ist schon schwierig.
Außerdem finde ich die Youtube Filme sehr gut. Sie haben mir schon vielfach geholfen, bei meinen Vollwertversuchen.
Vielen Dank
Gruß Michèle
Herzlich Willkommen, Michèle, mit deinem ersten Kommentar auf diesem Blog. Danke auch für den Buchtipp, das hört sich aufschlussreich an, wenn es dich zu solchen Versuchen angeregt hat!
Danke für das Feedback zu den Filmen, ich freue mich darüber 🙂