Kommentar vom 10. Mai 2011: Gastbeitrag: Ein Einblick aus dem Gesundheitswesen
Selten haben wir das Glück, mal frisch was aus einer Arztpraxis zu hören. Das ist für Personal und Ärzte auch nicht immer einfach. Wie einmal ein Arzt zu einer Bekannten von mir sagte: „Es gibt Patienten, die begleite ich nur noch, führen kann ich sie nicht, denn auch nach zehnmaligem Besuch und wenn ich ihnen noch so oft die Fakten vor Augen führe, wollen sie einfach nichts ändern. Und dann kann ich nur noch begleiten, weil ich sonst nachts nicht mehr schlafe.“:
Hallo, liebe Blogleser.
Ich möchte mich heute als Gast zu Wort melden und etwas über den Alltag im Gesundheitswesen berichten. Ich arbeite im Selbigen und muss feststellen, dass manche Menschen einfach nicht mehr in der Lage sind, mit Krankheit umzugehen. Es ist aber auch zu einfach, schnell mal zum Arzt zu gehen, ein paar Pillen einzunehmen und alles ist wieder gut. Es ist einfach ein gutes Gefühl mit einem Rezept in der Hand beim Arzt rauszugehen, nur dann fühlt sich eine Behandlung als gelungen an.Und wenn’s am nächsten Tag immer noch nicht gut ist, geht man halt nochmal hin, denn dann ist der Arzt schuld, da er nicht das Passende verschrieben hat.
Dass der Körper Zeit braucht und Ruhe zu Genesung, das gesteht man ihm nicht mehr zu. Bei 37 Grad Temperatur beim Kind verlangen manche Mütter geradezu nach Antibiotika und Fiebersenker. Wenn man denen dann mit der Idee von Wadenwickel kommt, kratzen sie einem die Augen aus. Bei Erkältung viel Tee oder heiße Milch mit Honig? Das wäre ja viel zu simpel. Nein, da muss es schon das volle Programm sein mit Computertomographie, um eine Sinusitis (chronische Nasennebenhöhlenentzündung) auszuschließen. Seine Abwehrkräfte stärken mit Wechselduschen oder Spaziergänge bei jedem Wetter? Nee, da verpass ich ja meine Lieblingssendung im Fernsehen. Kaum einer ist bereit , an seinen Lebensumständen was zu ändern. So auch z.B. schwerstens Übergewichtige, denen man die Knie röntgt, weil ihnen diese wehtun. Klar sind diese ramponiert, durch das Gewicht. Also, wird Schmerzmittel verschrieben, die irgendwann auch nicht mehr helfen, da der Körper sich dran gewöhnt hat. Das Gewicht zu reduzieren, wäre auch toll, aber wie denn, wenn man wegen des Gewichtes nicht Laufen kann? Mit Ernährung vielleicht? Och nö,zu aufwendig, müsste man ja seine Gewohnheiten ändern.
Wenn man dann einen Patienten mit Diabetes beim Einkaufen trifft und in dessen Wagen übelst zuckerhaltige Getränke, Weißtoast und Billigwurst sieht, man möchte denjenigen am Liebsten schütteln. Oftmals nehmen Patienten so viele Tabletten ein, dass der Platz auf dem Medikamentenplan nicht mehr reicht. Und oft wissen die Leute nicht mal, gegen oder für was sie welches Medikament einnehmen. Es ist einfach so und da wird das so gemacht. Die wenigsten machen sich die Mühe, sich mal zu erkundigen, wie die Zusammenhänge sind und wie welches Medikament wirkt.
Es wird nach einer Leitsymptomatik behandelt, d.h. der Patient hat dies und das Symptom, demnach macht und gibt man das und jenes. Eigentlich klingt das perfekt und wir müssten alle quitschfidel und glücklich sein. Aber so ist es nicht. Manchmal kommt die Erkenntnis, sich mit dem eigenen Körper zu beschäftigen erst, wenn man richtig schlimm erkrankt ist, so das es lebensgefährlich wird, z.B. bei Krebs. Dann wird angefangen gesund zu essen und auf den Lebensstil zu achten. Aber warum erst dann?
Ja, das kennen wir gut. Mein Mann (Arzt) ist (nach harter Überzeugungsarbeit meinerseits) seit 5 Jahren überzeugter Voweköstler. Das bekommen natürlich auch seine Patienten zu spüren. Hinweise wie „Wenn Sie an der Basis nichts ändern – sprich die Ernährung umstellen – kann ich Ihnen nicht helfen bzw. können Sie nicht gesund werden.“ haben dazu geführt, dass eine ganze Reihe von Patienten weggeblieben sind. So ist das halt. HG Susanne (Moon)
Mit Sicherheit werden wir mit einer noch stärker zunehmenden Kostenexplosion im Gesundheitswesen konfrontiert werden, wenn erst die jungen, zunehmend (im wahrsten Sinn des Wortes) übergewichtigen, bewegungsfaulen Zeitgenossen mit geschädigten Gelenken, verfrühtem metabolischen Syndrom verstärkt die Arztpraxen erstürmen und sich dann teure Medikamentencocktails einwerfen müssen. Die Pläne zum späteren Renteneintritts werden sich nicht umsetzen lassen, da viele der jungen Generation verfrüht erwerbsunfähig sein werden. Mich kotzt das an, diese dumpfe, bräsig-faule Sorglosigkeit und Genusssucht, die oft schon im Elternhaus vorgelebt wird. Ganz richtig erwähnt der Autor den Blick in viele Einkaufswägen in den Mega-Discountern wie Kaufland und Co. Da braucht man keine Studie/Umfrage in Auftrag geben, der Inhalt – verglichen mit dem Erscheinungsbild der Konsumenten – sagt alles.
Es gibt aber auch viele, verantwortungsvolle junge (und alte) Gegenbeispiele, die Hoffnung geben. Ich fürchte aber, es sind zu wenige. Somit fließen wertvolle Gelder in die Behandlung von vielen vermeidbaren Krankheiten. Für die unvermeidbaren schweren Leiden wird dann nicht mehr so viel übrig sein.
😦
Hallo Yvonnne,
du sprichst mir da aus der Seele. Darüber könnte und kann ich mich auch extrem aufregen. Ich hoffe insofern auch darauf, dass das Krankenversicherungssystem weitgehend/komplett privatisiert wird, so dass nicht mehr die Solidargemeinschaft wg. der Verantwortungslosigkeit vieler Zeitgenossen gerade zu stehen hat.
Es fehlen wirksame Konsequenzen. Bei anderen Bereichen muss man für sein tun gerade stehen und bei der Gesundheit geht man zum Arzt und der macht das schon. Es sollte mehr Eigenverantwortung zur pflicht werden. Die, die sich nicht daran halten müssen halt mit den Konsequenzen leben und das kann im schlimmsten Fall bedeuten alles selbst zu zahlen.
Sozial gut und schön, aber wenn es den Menschen schadet und er es nicht mal merkt, dann ist da was falsch. Manchmal muss es einfach wehtun, damit der Mensch sein Verhalten ändert.
Ach bin jetzt im Familienkreis ein ÖKo, weil ich mich vollwertig ernähre. Ich liebe Stempel, damit kann man alles so verständlich abstempeln und glaubt zu wissen worum es geht.
Was mir noch fehlt ist ein Blumenkinderimage, aber das lässt sich auch noch machen.
Das mit den Konsequenzen (möchte mich hier ausnahmsweise mal kurz einschalten), ist nicht so einfach: Fleischessen gilt als gesund, Fisch ebenso – und wenn ich beides nicht tue und krank werde: was dann? Dann zahlt die Krankenkasse nicht. Außerdem hätten dann jahrelang Gewichtsnormen gegolten, die der Magersucht näher sind!
ja es ist schwierig, weil es nicht nur eine Definition von der Gesunderhaltung gibt. Dazu kommen auf andere Faktoren, die die Lebensbedingungen, Verhaltensweisen, Stress und auch Körperliche Arbeit oder Sport. Ernährung ist in dieses System ein Teil der Lösung.
Es dämmert aber langsam der Bevölkerung, dass die momentane Ernährung viele Krankheiten zu verantworten haben. Deswegen kann man schon im gewissen Rahmen die Ernährung in gesunde und weniger gesunde einteilen. Dieses kann schon eine Basis sein, um Menschen, die sich nur von FastFood ernähren und wenig bzw. kein Sport treiben in eine höhere Gefährdungsklasse einzuteilen und ihn stärker zur Kasse zu bitten, wenn durch seine Krankheit kosten anfallen.
Man müsste den jenigen ja nicht mal Fragen was er gerne isst, denn dieses lässt sich sehr gut im Blut und Stuhl nachweisen. Sozusagen eine Hafpflicht nicht fürs Auto sondern für die Gesundheit. Dann können die Leute sich schlecht ernähren, die Geld haben und alle andere sind gezwungen auf ihre Ernährung zu achten.
Bei Hartz IV Empfänger wirkt dieses Instrument nicht und die bekommen direkt von der Arge Nahrungsmittelgutscheine, die ausschließlich für vollwertige Ernährung eingelöst werden kann. Dies kann von mir auch Fisch und Fleisch sein, aber nicht ständig. Pizza und Fertigkram wird halt ausgeschlossen .. lieber weniger Ungesund als gar nichts verändern.
Amen, Amen, Amen!
Wie in eigentlich allen Lebenssituationen ist hier ganz klar auch die Eigenverantwortung jedes Einzelnen gefragt. Irgendwie scheint das aber zu „old school“…im Zeitalter der Informationen informieren sich leider wenige wirklich und richtig. Am besten alles vorgekaut serviert bekommen und das Denken abgeben.
Alles muss bequem sein, darf nix kosten und natürlich sofort verfügbar sein. Dies gilt bei vielen für Essen ebenso wie für Informationen…
was mich sehr stört: z. B. Bücher, die einem weiterhelfen würden (Dr. Bruker, Dr. Schnitzer u. ä.) sucht man doch vergeblich in den Bücherregalen, stattdessen liegen da Unmengen an Kochbüchern/Diätbüchern, die zwar viel versprechen, aber doch nichts taugen. In den Zeitschrifen steht auch viel Mist, und in keiner habe ich bis jetzt gelesen, dass Zucker und Auszugmehl für die meisten Zivilisationserkrankungen verantwortlich sind. Im Fernsehen ist es doch dasselbe. Ich finde, dass die Ernährungsumstellung in erster Linie eine Kopfsache ist, und man muss es nicht nur einmal gehört haben, sondern sich wirklich konsequent damit beschäftigen und auseinandersetzen, immer und immer wieder. Leider wird auch zuviel Gewicht auf Sport gesetzt: hört man doch immer wieder, Kinder heutzutage haben zu wenig Bewegung, auch daher Übergewicht. Nun, es gibt genug Kinder, die wenig Bewegung haben und nicht übergewichtig sind, und andersrum. In der Grundschule wird noch viel über gesundes Frühstück geredet und getan, ab der 5. Klasse ist alles vorbei, da verkauft der Hausmeister fröhlich Schokolade und belegte weisse Brötchen, und wenn meine Tochter selbstgemachte Sesamstangen (Utes Rezept, sehr lecker!) mitnimmt, dann wird schon komisch geguckt. Sie sagt selbst, einerseits findet sie das gut mit der Ernährungsumstellung, ist z. B. im Sportunterricht schneller geworden, der Ring um den Bauch ist weg, die Haare sind schöner geworden usw., aber andererseit kommt man sich etwas komisch vor.
Das mit den Hausmeistern ist echt eine Schande, habe auch schon von Schulen gehört, wo Haribo-Werbung aushängt!
Ja, das macht mich echt wütend, sollten doch Erwachsene Vorbilder für Kinder sein. Und wenn meine Tochter dann erzählt: „der Biolehlerer hat wieder Mist erzält, sagte nähmlich, Nutella sei gesund, da sind doch Milch und Nüsse drin“, dann bin ich entsetzt.
Echt – das ist ja superschlimm, was Lehrer da teils von sich geben (vermutlich ein Zuckerholiker!)