
Heute ist Heiliger Abend (Heiligabend, Heilige Nacht, Christnacht, Weihnachtsabend). Früher war das so, dass Protestanten die Geschenke am 24. Dezember bekamen, die Katholiken erst einen Tag später. Das hat sich wohl mittlerweile angepasst.
Für mich hat Weihnachten an Wichtigkeit verloren. Mich nerven die frühseptembrigen Lebkuchen, das ganze Gedönse kommerzieller Art drum herum. Aber auch wenn es in den Läden besinnlicher wäre, könnte ich ihm nicht viel abgewinnen. Weihnachtsfeiern sind vor allem für und mit Kindern „aufregend“.
Für mich als Kind war Heiligabend aufregend. Obwohl ich meine Kindheit insgesamt nicht als sonderlich glücklich bezeichnen würde, hatten die Heiligen Abende Stil. Spätnachmittags, wenn der Baum geschmückt wurde, haben wir Kinder woanders herumgehockt. Da der Baum im Wohnzimmer stand genau wie der Fernseher, konnten wir uns nicht die Zeit mit dem Warten aufs Christkind vertreiben. Wenn meine Eltern dann mit allem fertig waren, wurde ein Glöckchen geläutet. Es war weiß, mit Glitter und feinem farbigem Muster. Dann durften wir ins Weihnachtszimmer. Die Kerzen brannten (es gab immer echte) am Baum, der Gabentisch war mit einer großen, manchmal auch zwei Damastdecken abgedeckt. Die Decken hatten einen Cremeton und waren in sich gemustert. Hügelig lagen Geschenke und Weihnachtsteller darunter.
Wir sind ein paar Mal vor der Bescherung in die Kirche gegangen, manchmal auch in die Christmette (gibt’s das bei Protestanten überhaupt?, auf jeden Fall abends). Manchmal auch gar nicht.
Jetzt weiß ich gar nicht mehr, ob wir zuerst gesungen haben oder erst die Weihnachtsgeschichte vorgelesen wurde. Beim Singen habe ich mich sehr frühzeitig ausgeklinkt. Wenn man selbst hört, dass man falsch singt, es aber anders nicht hinbekommt, schmettert man nichts laut. Meine Eltern hatten eine große Bibel, die war extra für Weihnachten, die Familienbibel. Sie hatten einen dunkel gemusterten Hardcover-Einband und eventuell Schmucksteine drauf, da bin ich mir aber nicht mehr sicher. Mein Vater saß quasi vor Kopf am Gabentisch, die Bibel auf dem Schoß. Er begann mit leicht belegter Stimme im Schein der Kerzen am Baum die Weihnachtsgeschichte vorzulesen. Das Belegte legte sich dann. Heute sage ich mir, irgendwie muss ihn das alles wohl ergriffen haben, deshalb die schwache Stimme. „Es begab sich aber zu der Zeit …“. Mehr weiß ich nicht.
Dann wurden die Decken weggezogen, jeder bekam einen gut gefüllten Weihnachtsteller und eben Geschenke. An meine Geschenke erinnere ich mich kaum. Also waren keine großen Enttäuschungen dabei. Unsere Weihnachtsteller waren aus bunter Pappe, darauf lag eine kleine dünne Weihnachtsserviette. Eine große Orange gehörte dazu, Dominosteine, kleine Marzipanbrote (vom Bäcker frisch angefertigt) und vieles mehr. Mit den Jahren kamen dann auch Fertigsüßigkeiten dazu, wie Duplo. Fand ich damals schon stillos. Und für mich immer ganz wichtig: eine kleine Tüte Cashewkerne. Wie viel war das, einhundert Gramm? Damals hat die Cashews noch niemand kiloweise gekauft, dafür waren sie auch viel zu teuer. Wenn ich Glück hatte, tauschte jemand Süßigkeiten gegen Kerne mit mir. War leider selten.
Anschließend, wenn alle Geschenke aufgerissen und gebührend bewundert wurden, gab es Abendessen. Putenschenkel, die gehörten dazu. Das ist nicht sehr traditionell. Ich habe immer in Büchern gelesen, dass es vor der Bescherung nur dünne Suppe gab, das richtige Festessen am 25. Nicht so bei uns.
Ich denke nicht in Wehmut zurück. Manche vermissen das Weihnachten aus der Kinderzeit. Es war eine Phase im Leben, es war ein auch besinnlicher Tag. Heute hat mein Leben andere Höhepunkte.
Hm, also in meinem katholischen Umfeld und meiner Familie war Bescherung immer schon am 24. Abends. Nach der Kindermette. Am 25. Kenne ich eher aus England und den USA. Weihnachten ist bei uns daheim auch eher ein ruhiges Fest.
Frohe und gesegnete Weihnachten liebe Ute!