Es ist übermäßig

25. Feb. 2016: Übernormal gesund

Heute kam der Artikel mir „unter die Augen“, obwohl Recherchen zeigen, dass der Ausspruch schon aus dem Dezember 2015 stammt.

Bundesärztepräsident Montgomery (der sich eigentlich immer durch merkwürdige Sprüche hervortut) sagte, um die deutsche Bevölkerung zu beruhigen (die wird ja derzeit überhaupt bis zur Betäubung beruhigt):

„Flüchtlinge sind übernormal gesund.“

Mir geht’s gar nicht drum, ob das stimmt und nur eine weitere Beruhigungskampagne ist, sondern ich erfreue mich einfach an der Wortkombination „übernormal gesund“. „Über“ vor ein Wort gestellt ist meist negativ: Eine Schildrüsenüberfunktion ist eine Krankheit, übergroß zu zu groß, übereifrig nervt die anderen, überflüssig muss ich nicht erläutern, die Beispiele lassen sich endlos aneinander reihen.

Jetzt haben wir etwas Übernormales. Das für sich heißt schon – nicht mehr okay, denn es ist oberhalb der Normgrenze im Gegensatz zum Unternormalen, das liegt darunter. Also wenn Marlenes Augen übernormal groß sind, ist das kein Kompliment, sondern man denkt eher „hmmmm….“. Es gibt auch Übergrößen für Schuhe. Und jetzt gibt es Übergrößen für Gesundheit.

Soll ich das so verstehen, dass es eine Gesundheit gibt, die so stark ausgeprägt ist, dass sie quasi wieder etwas Negatives ist? Eine Übergesundheit, wie ein Über-Ich. Oder aber ich muss annehmen, Herr Montgomery weiß nicht, wie man präzise formuliert. Er hätte ja sagen können: „Die Flüchtlinge sind überdurchschnittlich gesund“. Das hätte ich verstanden. Ob ich es geglaubt hätte, ist eine ganz andere Frage. Aber die armen Flüchtlinge mussten nicht nur ihr Land verlassen, jetzt sind sie auch noch mit übernormaler Gesundheit gestraft. Sie sind nicht 100% gesund, sondern 110% oder 120% gesund. Bei Augen kenne ich das, da gibt es eine Über-Sicht. Was aber ist ein übernormaler Blutdruck, normaler als normal?

Machen wir uns nichts vor – „gesund“ ist ein Begriff, den es nicht im Übermaß geben kann. Wer gesund ist, hat keinerlei Krankheiten, das lässt sich nicht mehr steigern (Steigerung gibt es allenfalls untereinander: A ist gesünder als B). Niemand ist gesünder als gesund. Gesund ist ein unerschütterliches 100% gesund. Wie weit ist denn die Gesundheit in Deutschland abgesunken, muss ich mich dann als nächstes fragen, dass ein gesunder Mensch übernormal gesund ist? Das heißt, in Deutschland ist „normal gesund“, wer mindestens ein schweres Leiden hat? Wer das wiederum als Ärztepräsident als Definition für „gesund“ hinnimmt, hat wohl doch vielleicht seinen Beruf verfehlt und hätte besser eine Karriere als Architekt für übergroße Bauten begonnen.

Aber vielleicht ist Montgomery’s Satz einfach nur übernormal bescheuert?

Werbung

Wer hat denn hier Vorurteile?

Leider habe ich heute Morgen beim Trimmradeln Kirche im WDR (WDR2) gehört. Erst dachte ich, ich habe mich verhört, aber dann habe ich nachgelesen, was Maike Siebold dort gesagt hat. Unglaublich! (von hier kopiert). Hervorhebung von mir. Mein Kommentar folgt unter dem Wort zum K….

Sprachgefühl

Ich bin auf dem Weg nach Berlin. Um mich herum im ICE sitzen Geschäftsleute in ihre Laptops vertieft, ein paar junge Leute auf dem Weg ins Wochenende, eine kleine Gruppe älterer Damen – und ein Dutzend junger männlicher Flüchtlinge. Auf halber Strecke macht der Zugbetreuer plötzlich eine Durchsage. „Aus gegebenem Anlass bitten wir Sie, auf Ihre Wertgegenstände zu achten.“, tönt es aus der Lautsprecherbox. Einen Augenblick hoffe ich, mich verhört zu haben. Diese Durchsage suggeriert, dass durch die mitreisenden Flüchtlinge ein erhöhtes Diebstahl – Risiko besteht. Ich überlege, ob es einen Auslöser für diese Warnung gab. Vielleicht hat jemand einen Diebstahl gemeldet. Egal wie die Hintergründe sind, die Wortwahl ist mehr als unglücklich. Es wird eine Botschaft mittransportiert, die falsch ist und Ängste wie Vorurteile schürt.

Wenn eine solche Durchsage überhaupt nötig gewesen wäre, dann hätte der Zugbegleiter es anders formulieren und z.B. sagen können: „Lassen Sie Ihr Gepäck nicht unbeaufsichtigt“. So ein Satz hätte nicht sofort alle Flüchtlinge unter Generalverdacht gestellt. Diesen Hinweis gibt es regelmäßig auf den digitalen Anzeigetafeln in ICEs. Daneben erscheint dann ein nettes Koffer- und Schirm-Symbol.

Vielleicht denken nun einige von Ihnen, ich sei zu empfindlich. Schließlich ist es nur eine Feinheit. Das winzige Detail werden die Flüchtlinge noch nicht einmal mitbekommen haben. Doch man sollte auch seine Gedanken nie unbeaufsichtigt lassen. Schon im Talmud, der Gesetzessammlung des Judentums heißt es richtig: Achte auf Deine Gedanken, denn sie werden Worte. Achte auf Deine Worte, denn sie werden Handlungen.

Nicht immer sind wir in der Lage, die Menschen, die bei uns Zuflucht gesucht haben, direkt zu unterstützen. Nicht alle wohnen in der Nachbarschaft von Flüchtlingen oder haben die Zeit und die Möglichkeit, mit Taten zu helfen. Doch durch die richtigen Worte können wir ALLE helfen. Wir müssen keine üblen Thekenparolen unkommentiert lassen, wir brauchen nicht schweigen, wenn sich jemand in der Kassenschlange im Supermarkt abfällig über Flüchtlinge äußert, und wir können die entlarven, die hinter Formulierungen wie „Man muss die Besorgnisse der Bürger ernst nehmen“ ihre Fremdenfeindlichkeit verstecken. Und ja: Man kann auch widersprechen, laut werden oder die Polizei rufen, wenn junge Männer ihre Grenzen nicht kennen und übergriffig werden, ganz gleich ob es deutsche Hooligans, Kriminelle aus Marokko oder betrunkene Oktoberfestbesucher sind. Mund aufmachen geht immer.

Zurück zum ICE: Ich weiß nicht, ob dem Zugbegleiter die indirekte Botschaft seiner Durchsage bewusst war. Doch diese Situation hat mir wieder zwei Dinge klar gemacht:

1. Wir müssen mehr auf unsere Formulierungen achten und 2.: Wir dürfen an den wichtigen Stellen nicht schweigen. Und da kann ich mich an die eigene Nase fassen, denn niemand hat den Schaffner angesprochen.

Zumindest sprachlich haben wir alle die Möglichkeit etwas Gutes zu bewirken und uns nicht wie Dummköpfe zu verhalten. Das Wort für ‚Fremder‘ ist in der Bibel gleichbedeutend mit ‚Gast‘. Im Alten Testament wird es auf den Punkt gebracht: „Du aber tritt für die Leute ein, die sich selbst nicht verteidigen können! Schütze das Recht der Hilflosen. Sprich für sie und regiere gerecht! (Sprüche 31,8-9)

Wer hat denn hier Vorurteile? Wenn ich höre „ausgegebenen Anlass…“ und habe drei Asylanten neben mir sitzen, denke ich nicht automatisch, dass diese gemeint sind. Ich würde einfach denken, dass bereits irgendein Diebstahl gemeldet wurden. Wie muss man geistig gestrickt sein, dass man sofort meint, dass hier über Asylanten gesprochen wird?

Frau Siebold, selbst übelste Innehaberin von Vorurteilen, will uns die Denkpolizei an den Hals hetzen. Wir dürfen nicht mehr denken. Wir müssen einige Übergriffe beim Oktoberfest einer zahlenmäßig kaum vergleichbaren Zahl in Köln an Silvester gleichsetzen, sonst sind wir böse Menschen?

Was ist an einem Satz wie „Wir müssen die Bedürfnisse der Bürger ernstnehmen“ bitte schön schlimm? Haben die Bürger hier nichts mehr zu sagen, sondern nur die Gutmenschen – ein Wort, das ich mit Wonne benutze, seit die Gutmenschen aus der Dudenreaktion es gebrandmarkt haben.

Nein, Danke, Frau Siebold, Ihre unglaubliche Simplifizierung und Verschönerung möchte ich nicht teilen und ich werde weiter Gedanken denken, ohne sie IHREM Inquisitionsverfahren zu unterwerfen.

Ich weiß nicht, ob Frau Siebold die indirekte Botschaft ihrer von Vorurteilen durchsetzten Worte bewusst war.

In einem nehme ich Frau Siebold beim Wort: Ich schweige nicht zu diesen ihren Worten!

Unsauber formuliert

Laut Süddeutscher Zeitung ist daran gedacht, eine Obergrenze für Bargeldzahlungen festzulegen (Artikel hier).

Eine wunderbar schwammige Formulierung fand ich in einem Absatz, bei dem ich mich frage: Wird heute nicht mehr Korrektur gelesen?

„In anderen Staaten Europas gebe es seit längerem Obergrenzen für Barzahlungen, auf eine gemeinsame Grenze habe man sich aber bislang nicht verständigen können. Die Bundesregierung fordere eine einheitliche europäische Lösung, sei aber notfalls auch bereit, allein ein Bargeld-Limit festzulegen.“

Grübelfrage: Wie kann man allein ein Bargeld-Limit festlegen, wenn andere europäische Staaten bereits Obergrenzen haben? Oder ist ein Limit etwas anderes als eine Obergrenze? Vielleicht eine Untergrenze? 🙂

Ich bitte von Erklärungen abzusehen, wie das gemeint ist. Darum geht’s mir nicht 🙂

 

 

Ist das Journalismus?

Heute las ich – über Facebook bleibt einem ja allerhand nicht erspart – einen Zeitungsbeitrag eines Wochenblattes, Altötting, wo über eine syrische Familie berichtet wird, die wegen ihrer Unterbringung in einer Jugendherberge draußen in Sitzstreik ging und erst unter Androhung, das Kind werde ihnen weggenommen, schließlich doch in die Jugendherberge umzog (hier). Das ganze fand im Ort Burghausen statt, laut Wikipedia hat der Ort gut 17.000 Einwohner, also ein überschaubarer kleiner Ort mit starker Chemie-Industrie.

Die Familie bemängelte: Das sei nicht der Standard, den sie von Syrien gewohnt seien. Essen verweigerten sie, weil das (einjährige) Kind keine Nudeln essen würde.

Dies hat der „Journalist“ alles aus zweiter Hand. Natürlich, ich betone das immer wieder, wird es unter so vielen Flüchtlingen auch einen Prozentsatz geben, der kriminell ist oder unmögliche Forderungen stellt. Aber hier würde ich doch als Journalist einmal nachhaken. Wer ist so bekloppt, dass er sich lieber draußen in Nasse und Kälte hinsetzt, als in einer deutschen Jugendherberge zu übernachten? Wo verweigert eine ganze Familie das Essen, weil das Kind keine Nudeln mag? Gab es nur Nudeln und nichts dabei? Ich hätte da als Journalist ein bisschen weiter gebohrt.

Aber es kommt noch besser: „Die ist bereits der zweite Zwischenfall mit einer Asylbewerberfamilie in Burghausen. Bereits im Juli hatte eine Familie lautstark vor der Burghauser Polizeidienststelle nach einer besseren Unterkunft verlangt. Damals hieß es, es handle sich um eine Familie aus Libyen, inzwischen ist bekannt geworden, dass die Familie aus Pakistan stammt.“

Hallooooo????? Gehen da bei einem Journalisten keine Alarmglocken los, wenn zwei Familien, eine sogar vor der Polizeidienststelle, lautstark nach einer anderen Unterkunft verlangen? Familien mit völlig anderem Hintergrund? In so einem kleinen Ort?

Egal, was in Burghausen passiert ist – ich würde da mehr wissen wollen. Journalisten gehen aber heute nicht mehr so gerne auf die Straße und recherchieren. Lieber mit dem Kumpel von der Bürgermeisterverwaltung telefonieren und schnell einen abfälligen Artikel schreiben.

Die Kommentare in Facebook sind dann auch dementsprechend „Sollen sie doch hingehen wo sie hergekommen sind.“ Da kommt mir allerdings die Nudel in der Suppe hoch!

 

Die Stammtischkeule

Achtung, selbst die mit der extrem rosa Brille haben es begriffen: Sie können schlecht geschätzte 95 % der Bevölkerung (und selbst wenn es nur 57 % wären) in die rechte Ecke stellen. Dann würde ja eine Ecke quasi zur Mitte. Und die als Nazis Beschimpften wehren sich auch mittlerweile.

Aber Achtung: Jetzt gibt es etwas Neues. Wenn jemand die Wahrheit benennt – und gar noch subjektiv beurteilt (wer täte das nicht?) – , verbreitet er Stammtischparolen.

So gestern in einer Diskussion über de Maizières neueste Aussprüche (der Link steht in meinem Beitrag von gestern). Der verbreitet nur Stammtischparolen und dummes Zeug! Rückfrage: Was ist dumm an Fakten? (z.B. über die Schlägereien in Flüchtlingseinrichtungen). Weil er diese subjektiv interpretiert (im Gegensatz zu denen mit dem rosa Optimistenbrillchen, die sind natürlich völlig objektiv) und nur Wählerstimmen fangen will. Okay, letzteres sehe ich auch so. Nur: Ist es nicht besser, ein theoretischer Nazi wählt de Maizière statt wirklich rechter Gruppierungen? 😉

Was ich noch gar nicht wusste – es gibt Flüchtlinge, die mit dem Taxi durch ganz Deutschland reisen. de Maizière findet das nicht okay. Ich auch nicht 🙂 Ich habe dann auch gleich lesen dürfen, warum das völlig okay ist: „Das sind ja keine verarmten Syrer, die hierher kommen, nicht als ob die aus Sierra Leone kommen“. (Was natürlich überhaupt nicht rassistisch ist, nein, überhaupt nicht).

Gut, mir ist klar, dass auch Syrer aus der Mittel- und Oberschicht keine Lust auf Krieg, Chaos und Tod haben. Nur sei die Frage erlaubt, warum sie hier nicht den Zug nehmen, sondern ein Taxi? Wenn ich nach einer Flucht unbedingt meine Verwandten wiedersehen möchte, kann ich drei oder vier Stündchen mehr wohl auch noch verkraften.

Aber gut, auch das stelle ich einmal beiseite. Nur frage ich mich wirklich, warum dann Hartz IV-Empfänger, wenn sie sich Geld dazu verdienen, alles bis auf einen geringen Satz angerechnet bekommen, d.h. de facto auch schon einmal für Stundenlöhne (auf der Hand) von 3 Euro arbeiten gehen? Ich kenne persönlich eine Frau mit einer schweren Atemwegserkrankung, Frührentnerin und sie bezieht zahlreiche Sozialleistungen. Nun hat sie einen 400-Euro-Job bekommen als Putzhilfe. Kein Zuckerschlecken, wenn man manchmal kaum atmen kann. Nach wenigen Wochen berichtete sie mir traurig, dass nun bis auf die Sozialmiete alle Sozialleistungen weggefallen sind. Ich fragte sie entsetzt: Ja, warum arbeiten sie dann noch, lohnt das noch? „Ja, ich habe insgesamt schon etwas mehr als früher und kann dann wenigstens ab und an einmal was für meine Enkelkinder kaufen. Und der Job ist gut.“

Jetzt darf wohl die Frage erlaubt sein, warum reiche oder gut finanziell ausgestattete Flüchtlinge sich nicht auch am Sozialsystem beteiligen müssen? Ups, und schon rieseln wieder die Stammtischparolen über meinen Blog 😉

 

Bitte nicht teilen!

Im Zusammenhang mit der Flüchtlingsproblematik kursieren im Internet die wildesten Stories, die sowohl bezeugen, was für wunderbare Menschen durchweg alle Flüchtlinge sind, als auch solche, die anhand von Augenzeugenberichten, meist anonym, irgendwelches Fehlverhalten von Flüchtlingen aufzeigen und dann gerne einen Schluss auf alle ziehen. Wenn wir 1 Million Menschen innerhalb kürzester Zeit und relativ unüberprüft (Grenzgänger abseits der offiziellen Übergänge) im Lande haben, da wird es rein statistisch darunter sehr nette, nicht so nette und gar nicht nette Personen geben. Deshalb finde ich solche Einzelberichte eher unwürdig. Warum z.B. ist eine Familie ganz erstaunt, bekommt unendliche Klicks in Facebook, weil Asylanten beim Heckeschneiden helfen und nichts dafür haben wollen? Hat das mal jemand überprüft? Ein anderer „Augenzeugenbericht“ über den Besuch in einem Flüchtlingsheim ist entsetzt über die trägen jungen Flüchtlinge, die einen 60-jährigen Mann einen Tisch tragen lassen, ohne mal zu helfen. Es wird nicht einmal eine Stadt genannt. Ein Name schon gar nicht. Also lege ich das ebenso zu den Akten: „Wenn es überhaupt stimmt – so ist das statistisch ohne Bedeutung“.

Mir geht es nicht darum, ob Flüchtlinge schlechte oder gute Menschen sind, das werden sie genauso gut sein wie alle anderen Menschen auf dieser Welt. Mir geht es um den Umgang der Politiker mit der deutschen Bevölkerung in diesem Zusammenhang, wie uns rosa Bilder vor die Augen gehalten werden („Bereicherung“), wie die Problematik alleine der Zahlen unter den Tisch gekehrt wird. Es sind in diesem Jahr zwei Großstädte voller Flüchtlinge nach Deutschland gekommen (Grundlage: Wuppertal mit ca. 400.000 Einwohnern), und da soll ich glauben, das macht überhaupt keine Probleme, wir haben Geld und Platz satt? Nein. Ich möchte einmal die Wahrheit hören, was uns an finanzieller Belastung und anderen Problemen ins Haus steht. Darauf habe ich ein Recht, finde ich.

Deshalb veröffentliche ich im folgenden eine Email, die ich gestern nach Erscheinen meines morgendlichen Artikels erhielt und die ich ohne Namen hier poste. Und genau deshalb möchte ich nicht, dass dies irgendwie und irgendwo geteilt wird, weil auch dies anonym ist.

Übrigens: Es steht jedem frei, der wissen möchte, wie Flüchtlinge sich verhalten, sich freiwillig den Helfern anzuschließen. Ein persönlicher Eindruck ist unvergleichbar mit allem Geschwätz aus dem Internet. Hier nun die Email:

Ich sprach letztlich mit dem Fahrer eines Lieferunternehmens. Er ist mit seinem Job unzufrieden und schimpft auch öfters auf seinen Chef und lässt kein gutes Haar an ihm. Ich versuche solche Gespräche zu vermeiden, denn da sag ich mir, wenn es wirklich so schlimm ist, dann soll er sich doch einen anderen Job suchen. Jedenfalls kamen wir auch einmal auf die Flüchtlinge zu sprechen. Ich habe dazu ein paar kritische Anmerkungen gemacht, denn mir ist es noch gut im Sinn, als vor 20 Jahren wir schon einmal ein Problem mit Asylanten hatten. Da wurde eine meiner Töchter gerade eingeschult und in ihrer Klasse waren 3 von 4 Schülern Asylanten, die alle 4 Wochen wechselten, weil sie dann an eine andere Stelle von Deutschland verteilt wurden und dann kamen wieder die nächsten in die Klasse. Ich habe meine Tochter aus der Schule genommen, weil das für uns kein Zustand war, meine Tochter hat kaum etwas gelernt. Die Direktorin meinte damals, dieses Opfer müssten wir bringen und hat mir für den Schulwechsel noch Steine in den Weg gelegt. Dies habe ich u.a. dem jungen Mann erzählt und gesagt, man kann nur hoffen, dass man aus den Zeiten damals gelernt hat, sonst würde es bestimmt bei der Menge an Flüchtlingen zu Unruhen kommen. Daraufhin hat mich dieser Mensch auf das Übelste beschimpft, ich würde rechtes Gedankengut äußern und ob ich ein Nazi sei… Ich habe ihn ganz ungläubig angeschaut, ich war über diesen Ausbruch total erschrocken. Er meinte, wir müssten noch viel mehr Flüchtlinge aufnehmen usw. Ich habe dieses Gespräch dann abgebrochen, aber es hat mich gedanklich noch eine Weile beschäftigt. Sind wir wirklich schon so weit, da man auch vor eigenen Landsleuten nichts Kritisches mehr sagen darf? So langsam denke ich, die Leute tragen Scheuklappen.

Jeder ist Ernährungsexperte

30. Juli 2015: Ernährungswarnungen  in den Medien

Was ist von kritischer Medienberichterstattung in Sachen Ernährung zu halten?

Leider nicht sehr viel. Abgesehen von ein paar wenigen wirklich kritischen Journalisten (wie z.B. Grimm) wird ja kaum recherchiert. Sensationen verkaufen, darum geht es. Und da verkauft sich natürlich besser, dass Phytin im Getreide gefährlich ist, als dass jeder sich eine Getreidemühle kaufen und selbst sein Getreide mahlen soll (das ist lästig für den Zuschauer und Leser).

Immer wieder werden uns natürliche Lebensmittel madig gemacht. Entweder das Getreide mit seinem Phytin, Lieblingskind der Beschimpfungen auch neuerdings der Honig – eines der natürlichsten Lebensmittel überhaupt, das wir noch unverändert in die Hand bekommen. Natürlich kennen wir alle den Aufdruck auf jedem Honigglas, dass Rohkost für Kinder unter 12 Monaten gefährlich ist und deshalb an Säuglinge kein Honig verfüttert werden darf. Herrlicher Blödsinn. Da hat mal wieder vor Jahren jemand einen falschen Zusammenhang in einem Einzelfall hergestellt, und jetzt steht das so da. Auf jedem Glas. Und deshalb muss das stimmen, denn es ist gedruckt!

Diese Beispiele gibt es mehr und mehr. Sprossen sind EHEC-verseucht – das wird dann auch sofort auf die heimischen Sprossenzuchten übertragen, egal was „damals“ wirklich passiert ist.

Eigentlich ist am gesündesten, was industriell bearbeitet wurde, denn in allen anderen Lebensmitteln lauern schreckliche Gefahren: BAKTERIEN allen voran. Nun ja, ich bin offenbar eine Gefährdung für die Menschheit, wie übrigens viele Menschen – denn ich kann ohne Bakterien gar nicht leben. Dann diese schrecklichen Hemmstoffe in Getreide und Nüssen. Nüsse darf man ja auch nur eingeweicht essen, sonst bringen die uns um. Dass die Hemmstoffe in  Nüssen allenfalls für Tiere in Eichhörnchengröße leichte Wirkung zeigen, müssen wir nicht erwähnen.

Aber, aber, nicht kirre machen lassen. Es gibt ja auch eine Positivliste. So fördert Schokolade das Denken, Kaffee ist gesund, wenn wir es nicht übertreiben, auch ein Stück gutes Fleisch schadet nicht (Zitat von einem Arzt), und wer möchte schon ganz ohne Zucker leben?

Genau, wer möchte das denn außer mir?

 

Die bösen schlimmen Bakterien

16. Januar 2015: Bakterien

Immer wieder lese ich diese Horromeldungen: Computertastaturen enthalten mehr Bakterien als Toilettenschüsseln, die gefährlichste Ecke im ganzen Haus für den Menschen ist die Küche, die Kühlschränke sind scheins Bakterienbrüter und die Küchenhandtücher förmlich zu fester Form gewordene Kloaken.

Bezweifle ich die Messungen? Keineswegs. Aber wie das immer so mit Messungen und Zahlen ist: Wen interessiert das? Ich meine – selbst wenn meine Tastatur eine Bakerienbrutstätte ist, so stellt sich für mich doch als einzige wichtige Frage: Macht sie mich krank? Wo sind die Krankmeldungen durch Infektionen über Tastatur und Küchenlappen? Wo bitte sind sie?

Ich weiß auch nicht so genau, wie man es beweisen kann, dass ich meine Erkältung von meiner Tastatur habe und nicht davon, dass ich im dünnen T-Shirt schwitzend auf dem Balkon gestanden habe, während mich eine kühle Brise umflatterte. Ich habe zwar ganz viel über diese Vergleiche gelesen – aber nicht von einem einzigen Fall einer Erkrankung durch diese furchterregenden Bakterien.

Was soll’s also? 🙂

Küchentipp von Experten

6. Oktober 2014: Hefeteig

Jeden Samstag bekomme ich in meiner neuen Wohnung so eine Postwurfsendung: in dünne Folie eingeschweißte Broschürchen mit Sonderangeboten. Oh, ich liebe diese Dinger und lese sie mit großer Begeisterung 🙂 Schwelge dann immer in all den Dingen, die ich kaufen könnte (vielleicht noch 2 Pfannen? eine neue Topfserie? ein neues Handy), aber letztendlich nicht kaufe.

Eine dieser Beilagen heißt Einkaufaktuell und hat für mich – noch immer ohne Fernsehgerät – nicht nur hochwichtig das Fernsehprogramm für die Woche, sondern auch reichlich Tipps. Unter anderem gibt es auch Rezepte und Tipps für die Küche. Einer begeisterte mich besonders. Es geht um die Ausgabe vom 16.08. bis 22.08., Seite 4. Ich zitiere:

„Geduld – Hefeteig braucht Zeit und Wärme. Klassiker für Pflaumenkuchen: aus Mehl, lauwarmer Milch und Hefe wird ein Vorteig bereitet, der nach dem Gehen mit Butter, Ei und Zucker zu dem eigentlichen Teig verarbeitet wird. Ideal sind vier bis fünf Stunden Gehzeit bei etwa 24 Grad.

Hervorhebung von mir. Normalerweise mache ich mich ja gerne über Rezeptautoren lustig, deren Hefeteige sich in 30 oder gar 20 Minuten verdoppeln. Aber, wow, 4-5 Stunden Gehzeit… den Wunderteig möchte ich sehen 🙂 (und ich denke nicht, dass hier der Teig gemeint ist, wo ein Krümel Hefe auf 500 g Mehl kommt).

Gewalt

22. September 2014: Wir lernen etwas über Frauen und Gewalt

Frauen sind gewaltbereiter in Beziehungen als Männer. Jawohl. Eine britische Studie hat es bewiesen.

So nachzulesen in unser aller Lieblingsblatt, der Apotheken-Umschau, A Ausgabe September, Seite 6.

„Gegenüber ihrem Partner verhalten sich jüngere Frauen häufig aggressiver als Männer – in Worten und Taten“. Um das festzustellen, haben englische Wissenschaftler 1104 Studierende „zu ihrem Verhalten gegenüber Partnern und Freunden befragt.“ […] „Je kontrollierender die Frau war, desto häufiger kam es bei beiden Geschlechtern zu körperlicher Gewalt. Die Männer neigten eher gegenüber anderen Männern zu Aggressionen.“

Ist das nicht wieder spannend? Einmal frage ich mich, warum denn hier gerade nur Studierende befragt wurden. Auch wüsste ich gerne, wie viele von den 1104 Befragten Männer, wie viele Frauen waren. Dass das ausgewogen war – kann ich nur vermuten und hoffen. Was ich aber besonders lustig finde, ist, dass die Ergebnisse aus Befragungen stammen.

Eine andere mögliche Interpretation, statt einfach die Frauen als aggressiver darzustellen, wäre auch, dass Männer sich der Aggressionsproblematik gegenüber Frauen bewusst sind und sie daher nicht so schnell zugeben. Was ist im übrigen mit „kontrollierende Frauen“ gemeint? Solche, die – lapidar gesagt – zu Hause die Hosen anhaben, oder solche, die die Jackentaschen ihrer männlichen Partner durchzusuchen?

Auch fände ich es wünschenswert, die körperliche Gewalt zu stufen. Ist ja vielleicht doch ein Unterschied, ob ich schnell – sagen wir einmal nach 5 Minuten – bereit bin, meinen männlichen Partner ein Kissen an den Kopf zu werden, während er mir nach 10 Minuten mit der Brechstange eins über die Rübe gibt? Dann wäre ich auch schneller aggressiv, räusper….

Ach ja, die Vorstellung von wissenschaftlichen Studien und ihren Ergebnissen in den normalen Medien bleibt ein Kreuz, weil die Journalisten offenbar ihre Gehirne vorher ins Tiefkühlfach zur Ruhe gelegt haben.