10. Januar 2014: Preisausschreiben Vier Beiträge mit Nr. 21
Beschreibung
Die Tajine, der traditionelle Tontopf aus Marokko
Die Tajine besteht aus einem Unterteil, das geformt ist wie eine Bratpfanne, und einem gewölbten Deckel. Beide Teile sind aus Ton, haben also die typische rote Farbe „Terracotta“.
Die Tajine ist eines der wenigen Kochgeschirre, die immer schöner werden, je häufiger sie benutzt werden. Das hat damit zu tun, dass sich durch häufigen Gebrauch eine so genannte Patina auf dem Ton bildet, die nach häufigem Gebrauch wie eine Anti-Haft-Versiegelung wirkt.
Damit sich die Patina bilden kann und die Tajine immer schöner wird, ist es wichtig, das sie vor jedem Gebrauch in Wasser eingeweicht und dann mit Öl eingepinselt wird. Der Ton nimmt das Wasser auf, das Fett versiegelt die Poren. Vor dem ersten Gebrauch muss die Tajine länger eingeweicht und sorgfältig eingebraten werden.
Der Deckel der Tajine hat einen Knauf mit einer Vertiefung, eine Art Delle, in die Wasser gefüllt wird. Dies hat die Wirkung, dass der Wasserdampf während des Garens mit geschlossenem Deckel an dem Material kondensiert. Die Speisen garen also in ihrem eigenen Saft. Man braucht dabei nur ein wenig Flüssigkeit zufügen. Verwendet man sehr feuchte Zutaten, wie z.B. Tomaten, so benötigt man mitunter gar kein zusätzliches Wasser.
Nach meiner Erfahrung ist die Tajine am einfachsten im Backofen zu verwenden. Sie ist sehr praktisch, wenn Gäste kommen, denn man kann das Essen vorbereiten, indem man die Zutaten und Gewürze im Topf aufschichtet. Während der Besuch da ist, kann das Gericht in Ruhe im Ofen garen. Möchte man die Speisen zusätzlich gratinieren, nimmt man kurz vor Ende der Garzeit den Deckel ab, gibt die Sauce oder den Käse zum Gratinieren über das Gargut und überbackt es.
Der Geschmack der Speisen aus diesem Tontopf unterscheidet sich ein wenig von dem einer klassischen Gemüsepfanne, denn durch das Garen im Tontopf entwickelt sich ein spezielles Aroma. Da der Tontopf hübsch anzusehen ist, spart man sich zudem das Umfüllen in eine Servierschüssel.
Foto

Gedicht
Tonqualität
Geh hinaus in den Wald und grabe,
weit hinten auf der Lichtung unter der Grasnarbe,
Tief unten, geh hinein in den Boden,
Suche und finde dein Material.
Gelb und dicht, elastisch und formbar,
weich und doch fest.
Der Stoff, aus dem du kannst erschaffen
Formen, Gefäße und auch Karaffen.
Zum Verwenden nur so als Scherz,
Zur Freude, zum Nutzen, für Selbstausdruck und Schmerz.
Gegeben von der Natur,
ein Material so rein und pur.
Verbunden mit dir, deinen Händen,
wird daraus Neues zum Erfreuen oder Verwenden.
Lass sie fließen durch deine Finger die Kraft,
mit der man so viel Neues schafft,
in das Material so weich und schön.
Aushärten wird es, fest, fast wie Stein,
nach dem Brennen wird es für Ewig sein.
Zerbrechlich und doch hart,
solide und doch zart.
Eine Scherbe mag man finden,
in ferner Zukunft, von dem was du getan,
spekulierend über dein Leben,
anhand dessen, was du in den Ton gegeben.
Eine Geschichte
Vom Guten Ton
„Antonia!“, rief die Mutter verzweifelt in den Garten hinaus. „Bist du schon wieder verschwunden in deiner Fantasiewelt, kleine Antonia!, denkt sie.
Die kleine Antonia ist in ihrem Zaubergarten, einer Welt der Fantasie mit Fabelwesen und Elfen. Sie alle erzählen ihr vom guten Ton.
Der kleine Käfer Ludowig zeigt ihr seine Welt aus Summen und Zirpen. Dem Igel folgt sie in den Holzhaufen, in sein Nest aus Laub, Spänen und Reisig. „Hörst du es knistern?“, fragt er sie. „Wie schön es knistert!“, freut sich Antonia.
Die Amsel zwitschert ihr zu: „Geh mit mir hinauf zu dem Nest – höre dir an das zufriedene Piepen der Kleinen, wenn sie gefüttert werden.“ Der Kirschbaum flüstert ihr zu: „Lausche dem Rauschen in meinem Wipfeln“. Er erzählt ihr Geschichten von vergangenen Zeiten. Vom Wald tönt es herüber, ein Rauschen so schön, kaum wahrnehmbar und doch da. Das Plätschern und Fließen des Baches nach einem Sommerregen, so klar und rein, ein Ton, den niemand imitieren kann. Im Haselbusch sitzt Elvira das Eichhörnchen und schwärmt vom Knacken der reifen Nüsse.
Die Grille spricht zu Antonia: „Willst du es hören, mein neues Lied?“, und zirpt ihr etwas vor, nach allen Regeln der Kunst. Antonia hört sie, die Stille hinter all dem, die Ruhe und den Frieden, die Harmonie der Klänge in dieser Welt.
Plötzlich ertönt ein lauter Knall und ein Getöse wie aus einer anderen Welt. Der Nachbar mit seinem Motorrad…
„Ist das für ihn der gute Ton?“, fragt sich die kleine Antonia, während sie sich erhebt und zum Haus hinübergeht, wo die Mutter schon auf sie wartet.