Kommentar vom 1. Mai 2011: Die Vollwertpäpstin
Vor einigen Tagen hatten wir hier die Mediation zum Thema, Gespräche über strittige Themen. Dann anschließend in ein Streitgespräch verwickelt zu werden ist interessant. Dabei habe ich nämlich festgestellt, dass es Menschen gibt, die einfach nur belehren wollen: belehren – und keine Sekunde zuhören. Nun bin ich keine gewiefte Mediatorin, falsch: ich bin überhaupt keine 🙂 Normalerweise behaupte ich von mir, dass ich ruhig und gelassen bin, nicht auf den Mund gefallen, und wer mich in vernünftigem Ton anspricht, kriegt eine vernünftige Antwort.
Manchmal staune ich jedoch. So hatte sich letztlich ein Vollwertler über mich geärgert. Das ist nicht schwer, denn ich schreibe in den Blog meine Meinung zu vielen Themen, so wie ich sie sehe. Das entspricht manchmal der Meinung der meisten, manchmal nicht. Ich weiß auch, dass ich sarkastisch, ironisch und polemisch sein kann. Je nach Thema ist das kräftiger oder sanfter. Wenn ich an die Amazon-Geschichte zurückdenke … da haben auch einige Menschen mir gegenüber einen Ton an den Tag gelegt, den ich mir noch niemanden gegenüber rausgenommen habe.
Zurück zu dem obigen Streitgespräch. Es war eigentlich kein Streitgespräch, sondern nur dazu gedacht, mich telefonisch zu belehren und zu beschimpfen. Nun finde ich das eher amüsant, wenn jemand so tut, als sei ich der Teufel in Person „Mit Ihnen will ich nie wieder was zu tun haben“, drang es vehement durch das Telefon an mein Ohr. Naja, muss ja nicht, oder? 😉 Da der Vorfall, der zu dem Gespräch (d.h. der Belehrung) führte, für einen empfindlichen Menschen vielleicht missverständlich war, habe ich natürlich mein Bedauern dazu ausgedrückt. Das nützte nichts.
Dann wurde es interessant: „Sie als selbsternannte Vollwertpäpstin…“, zischelte es mir ins Ohr. Oha. Auch dieser Begriff stammt aus der Amazon-Zeit. Es stand in der Überschrift des Beitrags eines netten Bloggers, der meine Partei ergriffen hatte. Ich habe mich damals schon mit diesem Titel nicht wohl gefühlt, ich habe ja die Vollwerternährung nicht erfunden. Ich bin keine Ärztin, ich bin keine Wissenschaftlerin – ich bin eine gewiefte Anwenderin mit guten Kenntnissen und der Freude, dies anderen weiterzugeben. Das ist jedoch nicht päpstlich, und unfehlbar bin ich schon gar nicht. Wer schon mal meine Telefonstunde genutzt hat, kennt das: Ich weiß eben auch nicht alles. Auch andere Dinge, die mir vorgeworfen wurden, hatten mit meinem „Vergehen“ gar nichts zu tun, kamen von anderen Menschen. Tja, da stand ich dann da, mit dem Teufelskrönchen geschmückt. Aber nicht nur das:
„Nicht jeder ist so REICH wie Sie!“. Oha. Habe ich etwas übersehen? Ich sah mich in meiner Wohnung um, nein, keine versteckten Goldbarren, kein Edelgeschirr (wer meine Videos gesehen hat, kennt meine blumigen Teller aus der Zeitschriftenwerbung 🙂 ). Bin ich „reich“, weil ich einen Thermomix habe? Per Zufall stellte sich heraus, dass mein Gegenüber ebenfalls dieses schrecklich teure Gerät besitzt. Hmmmm. Der Hauptvorwurf galt u.a. dem, dass ich etwas über jemanden sage, den ich gar nicht kenne, auch nicht seinen Hintergrund. Wie ist das denn mit dem „reich“? Ich klage nicht, denn ich bin sicher nicht arm. Zwischen meinem Kontostand und Reichtum liegt aber noch eine weite Strecke 🙂 Ist es aber nicht auch ein Vorwurf an mich, ohne mich zu kennen?
Was hat der Anrufer mit seinem Anruf erreicht? Mir hatte mein Fehlverhalten leid getan, weil ich nicht bedacht hatte, dass manche Menschen sehr empfindlich sind. Das war vorbei, denn ich dachte: Jo, meine erste Einschätzung der Person war richtig. Alles Wohwollen, was ich zu Anfang des Gesprächs noch hatte, war abgekühlt zu einem: „Was für ne Zeitverschwendung…“
Ich sage ja immer, alles hat einen Zweck im Leben. Was habe ich gelernt? (1) Es ist durchaus nicht immer verkehrt, von dem Zipfel eines Menschen, den man zu sehen bekommt, auch auf den Rest zu schließen. Meine echte Lehre steht also im Gegensatz zu dem, worüber ich so wortreich belehrt werden sollte. (2) Wenn ich mich mal über jemanden ärgere – lass den anderen auch einen Mensch sein, mach‘ ihn nicht zum Buhmann.(3) Wenn ich denke, dass sich jemand zu Unrecht einen Titel oder eine Ehre anmaßt – überprüfe ich erst einmal gründlich, ob derjenige das wirklich selbst behauptet….