Die menschlichen Aspekte der Reise

Kommentar vom 23. Mai 2010: „Kleines Reiseresümee, Teil 2“

Mein Besuch bei einer alten Dame hat viel Nachdenklichkeit ausgelöst. H. ist seit Februar 89 Jahre alt. Sie ist geistig im Grunde sehr fit, allerdings leidet ihre geistige Beweglichkeit etwas unter fehlenden sozialen Kontakten. Einmal in der Woche Tochter und Schwiegersohn für 4 Stunden, zwei- oder dreimal die Woche die Putzhilfe für 2 Stunden. Bis vor einem Jahr hat sie noch Bridge gespielt, da war sie auf jeden Fall noch viel fitter, das musste sie dann leider wegen fehlender Transportmöglichkeiten einstellen. Bis zum Schluss hielt sie immer Topplätze bei Bridgewettbewerben in dem Club.

Ich rufe sie etwa alle zwei Wochen sonntags an, insoweit war es keine Überraschung, dass sie neuerdings zu Wiederholungen neigt. Gespräche mit ihr sind sehr anstrengend, weil sie trotz eigener Schwerhörigkeit nur sehr leise spricht. Dazu auch sehr langsam, was vor allem beim Autofahren, wenn sie die Richung angeben soll, nicht immer einfach ist. Sie ist intellektuell nach wie vor ohne Verminderung, wenn ich das einmal so arrogant sagen darf, als stünde es mir an, sie zu beurteilen. Sie hat denselben Witz und Humor wie früher. Ein leichter Hang zum Negativen fiel mir zum ersten Mal auf: Wenn sie Ereignisse von früher erzählt, pickt sie sich eher negative Aspekte heraus, die an sich ohne Bedeutung sind. Ein Beispiel: Mein kleiner Bruder war in seiner Kindheit eher zart und kränklich, und wir beiden älteren Schwestern haben ihn behütet. So haben wir dann, als unsere Familie H.’s Familie besuchte, wohl einmal darauf gedrängt, dass ein Fenster geschlossen wurde, damit er keinen Zug bekäme. Das fand sie ziemlich unverschämt, so sagt sie heute, aber sie habe aus Höflichkeit nicht gekontert. So etwas lässt Verwunderung bei mir zurück.

Ähnlich auch mein Mitbringsel: zwei Tütchen selbstgemachte Rohkostschokolade. Ich erwarte nicht, dass jeder anbetend davor in die Knie sinkt <g>, ein ehrliches Wort kann ich da gut vertragen. Die Resonanz war bisher überwiegend positiv. Sie probierte eine, aß sie auf und sagte: „Das ist nicht so wirklich mein Ding.“ Ohne höfliche Einleitung, ohne Linderung dieser Aussage. „Kein Problem“, war meine Antwort, „ich nehme sie auch gerne wieder mit nach Hause.“ Sie probierte dann die zweite Tüte: „Oh die schmeckt viel besser“, die Tüte (etwa 50 g) war dann innerhalb weniger Minuten geleert. Was mich natürlich freute. Als ich am nächsten Tag wieder kam, war auch die erste Tüte – „nicht ihr Ding“ – schon fast leer. Ich habe nichts mehr gesagt. Auch das ist etwas, dass ich an alten Menschen schon beobachtet habe, der Mangel an sozialer Kompetenz (vornehm ausgedrückt <g>), nämlich brüsk seine Meinung zu sagen, ohne sie abzumildern.

Sie ist eine große Frau gewesen, geht jetzt (Rheuma) gekrümmt. Gehen ist wirklich übertrieben, sie trippelt mit winzigen Schritten, immer mit der Hand nach einer Stütze suchend. Ein Rollator, wenigstens für zu Hause? Ich spreche das Thema gar nicht erst an, denn ich will auch ihr den Besuch nicht verderben. Sie hat mal entrüstet erzählt, dass ihr Schwiegersohn ihr vorgeschlagen hatte, einen Stock zu benutzen. Sie ist extrem dünn, sehr faltig im Gesicht, die Zähne sind schlecht. Erstaunlich gut sind noch ihre Haare, keine Lücke auf dem weißen Schopf, durch den die Kopfhaut schimmert. Sie ist nicht ungepflegt, dennoch gibt es Zeichen von mangelnder Eitelkeit, z.B. zentimeterlange Barthaare. Auch hier bitte kein Missverständnis: Ich werfe ihr das nicht vor, dass sie nicht gestylt ist, um es überzogen zu sagen. Ich merke nur, dass es mir zu schaffen macht. Und es lässt mich darüber nachdenken, wie isoliert wir heute von alten Menschen leben, dass natürliche Veränderungen bei ihnen in uns, bei aller Zuneigung, eine gewisse innere Abkehr erzeugen. Ich mied es, sie beim Essen anzuschauen.

Besuch ist anstrengend für sie, mehr als 1 bis 2 Stunden an einem Stück verträgt sie nicht. Das kann ich gut nachvollziehen und so ließ ich sie zwei Stunden alleine, bevor wir gemeinsam essen gingen. Ein wenig hat sie auch den Kontakt zu den Relationen vergessen, denn an einem Punkt im Gespräch bot sie mir 50 Euro Fahrtgeld an. Ich fand das sehr rührend, ich bin ja keine Studentin mehr, sondern verdiene eigenes Geld – genug, um mir diese Reise zu leisten.

Fazit: Ich frage mich immer, wie sie wäre, wenn sie sich anders ernährt hätte. Gute Ernährung ist keine Garantie, ich weiß – aber eine Hilfe.

Ein Buch von Barbara Rütting

Kommentar vom 19. April 2010: „Barbara Rütting und das Alter“

Besprechung des Buchs „Ich bin alt und das ist gut so: Meine Mutmacher aus acht gelebten Jahrzehnten“ von Barbara Rütting; ISBN-13: 978-3453600980

Fazit: Die Frau ist toll, das Buch nicht ganz so toll

Ich habe diverse Kochbücher von Frau Rütting, in denen sie ja auch zwischendurch immer so ein wenig aus „ihrem Leben“ plaudert, und das ist gefällig. Dazu macht es ja Mut und verbreitet Optimismus, auch einmal einen alten Menschen zu sehen, der nicht nur vital ist, sondern sogar noch lange in der Politik mitgemischt hat und ein Buch schreibt. Wobei das Wort „alter Mensch“ gar nicht so recht zu der Autorin passen will, zumindest nicht so, wie dieser Ausdruck heute vielfach gebraucht und verstanden wird. Einfach Klasse, was Frau Rütting erreicht hat.

Das Buch ist alphabetisch angeordnet, wie eine Art Lexikon. Ob das sinnvoll ist – darüber ließe sich streiten. Optisch ist es konsequent und gefällig aufgezogen. Recht viele Schwarzweiß-Fotos zum Gucken gibt es auch. Der Stil ist lebendig und gut lesbar. Was mir auch sehr gut gefällt: Rütting schreibt nicht einfach locker drauf los: „Dies ist so und jenes ist so“, sondern sie begründet das und gibt reichlich Quellen dazu an.  Viele der Tipps sind sicher nicht für alle interessant (z.B. die Chi-Maschine).

Leider sind einige Passagen auch schon in ihren Kochbüchern erschienen, z.B. die über den Parieto-Effekt (kurz: 10 Menschen zu einem geringeren Fleischkonsum zu bewegen, bringen der Umwelt mehr Vorteile, als einen Menschen zum Vegetarismus zu bekehren). Da konnte ich mich fast wörtlich noch dran erinnern. Auch innerhalb des Buchs gibt es Wiederholungen (wie z.B. die Schwester ihrer Großmutter, die mit ihrer Puppe begraben wurde).

Schon in den erwähnten Kochbüchern schwankte ich immer zwischen „ah, eine tolle Frau“ und „könnte sie sich mal etwas weniger in den Mittelpunkt stellen?“ Das ging mir hier wieder so. Ich finde es durchaus richtig, wenn ein Mensch auf seine eigenen Verdienste verweist, und es ist schwer, den Finger darauf zu legen. Vielleicht, dachte ich schon einmal, ist es auch ihre Methode, sich die Menschen fernzuhalten und keine Verletzungen zu riskieren.

Es gibt einige Stellen in dem Buch, wo sie wirklich den Profischleier lüftet und uns in ihr „Selbst“ schauen lässt. Das geht ein wenig an die Nieren. Das ist dann wirklich packend, mehr als die Textpassagen, wo sie uns die Person Barbara Rütting mit – teils humorvoller – Distanz präsentiert. Und diese bewegenden Passagen sind es, die mich das Buch vorbehaltlos empfehlen lassen.

Ein schönes Buch für Menschen, die endlich mal etwas anders hören wollen als so dumme Sprüche wie „oh du bist über xxx Jahre alt, da fangen die Zipperlein an“. Das muss niemand akzeptieren, wie wir an dem Beispiel von B. Rütting sehen.

Darf ich bitte älter werden?

Kommentar vom 3. März 2010: „Jugendliches Aussehen“

Vor ein paar Wochen unterhielt ich mich mit einer sehr guten Freundin über Geburtstage und Alter. Dabei stellten wir beide verblüfft fest, dass wir uns zwar theoretisch der Anzahl der Jahre zwischen uns bewusst waren, aber keine von der anderen jetzt auf Anhieb genau das Alter weiß, und nicht in Begriffen wie „meine ältere Freundin“ oder „meine jüngere Freundin“, sondern einfach als „meine Freundin“ denkt. Wir fanden das beide interessant und auch beruhigend.

Ich vergesse auch zusehends das Alter von Menschen, mit denen ich zu tun habe. Nicht etwa, weil ich vergesslich würde 😆 – ihre Geburtstage merke ich mir ja -, aber es interessiert mich nicht mehr, wie alt jemand ist, sondern nur: Wie verstehe ich mich mit demjenigen? Schwimmen wir auf derselben Wellenlänge? Haben wir ähnliche Bezugspunkte? Gerade die letzte Frage kann natürlich dann mit dem Alter parallel laufen, denn mit meinem 16-jährigen Neffen habe ich einfach durch meine Vergangenheit nicht so viele Bezugspunkte wie mit einer Schulfreundin. Manchmal habe ich aber auch mehr Bezugspunkte mit ihm als mit Männern in meiner Altersklasse, die von der Medienanschauung des Alterns geprägt sind.

Ein Horror ist es auch für mich, anderer Leute Alter zu schätzen. Ich haue garantiert daneben, auch schon mal um ein Jahrzehnt. Deswegen frage ich auch nie, für wie alt ich gehalten werde. Warum mein Gegenüber quälen? Als ich so um die 12 bis 15 Jahre alt war, wurde ich immer älter geschätzt, damals fand ich das toll. Später dann wurde ich auch schon einmal für deutlich jünger gehalten. Anfangs fand ich das schmeichelhaft. Mittlerweile sage ich mir: Ich sehe nicht jünger aus. Ich sehe genauso alt aus, wie ich bin. Allenfalls sehen andere Leute kränker oder mitgenommener aus als ich, das wird dann als „älter“ interpretiert. Oder jemand hatte Glück und führte ein „glatteres“ Leben als ich, das keine Spuren hinterlassen hat. Das wird dann mit gemeinhin als jünger aussehen bezeichnet.

Der Jugendwahn herrscht, das ist bekannt. Alle wehren sich dagegen, auch in den Medien. Erst erzählen sie uns, dass wir mit Würde älter werden sollen (was immer das heißt), und im gleichen Atemzug erfahren wir, wie wir es am besten anstellen, jugendlich bzw. jünger zu wirken. Die Falten müssen weg! Warum eigentlich? Jede Falte an mir erzählt eine Geschichte. Jede Stelle meines Körpers, weiß warum sie so aussieht und sich so anfühlt, wie sie es tut, einerseits natürlich auch als Folge des Älterwerdens, aber eben auch als Ausdruck meines Lebens. Wenn ich mein Gesicht liften ließe – wie würde das zu meinem „Ich“ passen? Wenn ich meine Falten mit Gift wegspritzen ließe: Wie erkenne ich mich dann im Spiegel? Was ist mit den Dingen, über die ich gelacht habe, an die ich mich mit Freude erinnere – werden die auch weggespritzt? Wer in seinem Leben häufig zu- und abgenommen hat, wird unweigerlich die Folgen an der Haut zu sehen bekommen. Wenn ich da jetzt den Chirurgen dran lasse, werde ich ein anderer Mensch? Verschwinden die Gründe für mein Ab- und Zunehmen?

Auch ich lerne Tag um Tag in diese Richtung Selbstbewusstsein zu erwerben, es ist ein stetiger Prozess und es gibt Rückfälle. Leider haben es die Medien und Meinungsmacher geschafft, dass ich auch nicht immer diese Selbstsicherheit meinem Körper gegenüber ausstrahle, wie ich sie an anderen Tagen durchaus empfinde. Es ist ungeheuer schwer, sich davon zu lösen. Vor allem gibt es natürlich auch die wichtige Seite, dass ich mir selbst gefallen muss. Das heißt für mich also nicht, dass ich der Meinung bin, Menschen ab 50 müssten in Jeans – karierter Hemd/Bluse – ärmelloser beiger Weste uniformiert und schmucklos durch die Gegend laufen. Bei der Kleidung, die ich auswähle, orientiere ich mich an meinem Geschmack, an Stücken, in denen ich mich wohl fühle. Das sind heute andere als vor 20 Jahren, denn ich bin eine andere Frau, als ich es vor 20 Jahren war. Bauchfrei, wie es 2008 modern war, habe ich nicht getragen. Nicht etwa, weil ich finde, dass das meinem Alter nicht entspräche, sondern weil ich weiß, dass ich mich nicht darin wohl fühlen würde. Wagemutige Dinge, mit denen ich als Studentin experimentiert habe, reizen mich heute nicht mehr, weil ich die Provokation durch die Äußerlichkeit nicht mehr suchen muss.

Weil aber viele Leute ein gewisses Alter mit gewissen Vorstellungen verbinden und uns sofort in eine enge Schublade stecken, kaum dass sie unser Alter wissen, übergieße ich auch nicht alle Infos über mich mit meinem Geburtsjahr. Warum sollte das wichtig sein? Gelten meine Worte mehr, wenn ich ein bestimmtes Alter habe oder nicht? Ist ein Film aus der Vollwertecke aussagekräftiger, wenn ich 20, 30, 40, 50, 60, 70 oder 80 Jahre alt bin?

Dies alles ging mir durch den Kopf, als ich die HörZu Nr. 7 durchblätterte und auf den Artikel „10 Tipps, die jünger machen“ las. Doch dazu mehr morgen 🙂

Alles hat ein Ende, auch die Wurst nach dem Anschnitt

Kommentar vom 7. September 2009: Der Tod

Gerade habe ich eine halbe Stunde mit einer Freundin telefoniert. Sie hat seit einiger Zeit Probleme mit den „Knochen“, mal hier und da, dann wird es besser, dann schlechter. Im Moment sitzt sie in einem „Loch“ und grübelt über die Endlichkeit des Seins, die uns immer bewusster wird, je mehr Lebensjahre wir hinter uns bringen.

Wir haben dann „beschlossen“, dass wir zu den Menschen gehören, die gesund und fit bleiben und etwa 90 Jahre alt werden und uns dann, wenn wir es für genug halten, zu Bett begeben und für immer einschlafen. Das ist jetzt nichts besonders Sensationelles, denn ich habe noch niemanden gesprochen, der sich dagegen wehrt und lieber einen qualvollen oder gewaltvollen Tod herbeiwünscht.

Meine Freundin ist körperlich sehr fit, selbst langjährige Yoga-Lehrerin, geht jeden Tag schwimmen. Wie man sieht, ist auch das keine Garantie für ewige Gesundheit. Auch 100% vollwertige Ernährung ist kein Garant für ewige Gesundheit.

Es ist schon eigenartig, die Endlichkeit zu begreifen. Akzeptieren müssen wir sie alle, aber sie wirklich begreifen können wir wohl erst ab einer gewissen Reife, d.h. wenn es aktuell wird.

Die Endlichkeit als Chance zu sehen, ist auch eine schöne Möglichkeit. Wenn ich mir sage, okay, ich bin jetzt XX Jahre alt, habe statistisch noch n Jahre – da kann ich Dinge auch im Alltag ein wenig anders angehen. Ich kann einzelne Dinge mehr genießen, über andere muss ich mich nicht mehr aufregen. Im Stau stecken bleiben: Das kann zu Wutausbrüchen führen. Wenn ich mir aber dessen bewusst bin, dass auch diese Stunde meines Lebens eine aus der Endlichkeit ist, so werde ich doch nicht wütend. Da spare ich mir mein Adrenalin, zucke mit den Schultern und sehe, was ich aus dieser Stunde machen kann. Es klingt profan, wenn ich sage – ich schaue einfach mal, wer alles so an mir vorbeifährt, hinter mir steht, vor mir steht.

Mein Großvater hat in seinen letzten Wochen und Monaten immer am Tisch gesessen und auf den Baum mit den Vögeln geschaut, die vor seinem Fenster standen. Heute kann ich das besser verstehen als damals. Und es ist sicher schöner, seine letzten Tag mit der Vogelwelt zu füllen als mit einem Schlauch im Arm auf einer Sterbestation.

Wie kann ich in Würde altern? Mein Ziel ist es, das was kommt, zu akzeptieren, ohne es zu akzeptieren. Das heißt, ja natürlich ändert sich mein Körper, das können schon 30-Jährige sehen, wenn sie ihre Haut genau betrachten. Das ist eines, dieses anzunehmen, ohne in Panik zu verfallen. Das andere aber ist, sich nicht aufzugeben und nicht in die Schubladen zu springen, die andere so gerne für uns offen halten.

Alter, Internet und Rockmusik

Kommentar vom 4. September 2009: Internet und Rockmusik bei den Menschen über 50

Es gibt so eine eigenartige Darstellung älterer Menschen, gerne in der Gruppe ab 50 zusammengefasst. Diese Gruppe wird immer so präsentiert, als sei sie unveränderlich, als bestünde sie aus einer festen Anzahl von Menschen. Aber das Alter ist ein Durchgang, d.h. die Leute, die heute 60 sind haben eine ganz andere Vergangenheit als die Menschen, die in den 80er Jahren 60 waren.

Dafür gibt es zwei schöne Beispiele im Seniorenratgeber der Apotheke für September:

(1) Seite 10
„Zahl des Monats
Exakt 48,5 Prozent der 60-bis 69-Jährigen nutzen regelmäßig das Internet. Vor einem Jahr waren es noch 41,6 Prozent, heißt es in der Marktforschungsstudie „(N)Onliner Atlas 2009″. In keiner anderen Altersgruppe wächst der Anteil der Internetsurfer so rasant.“

Dies ist eine völlig falsche Darstellung. Die Zahl der Internetnutzer wächst nicht – es rutschen einfach immer mehr Menschen in diese Gruppe, die während ihres Berufslebens z.B. schon mit dem Computer in Berührung gekommen sind und die daher schon gewisses Computerinteresse mitbringen. Wer 1920 geboren wurde, hatte mit 60 (= 1980) vermutlich noch nicht viel Computererfahrung, wenn überhaupt. Wenn so ein Mensch sich dann mit 70 (also im Jahre 1990) für Computer interessierte, ist das doch ganz etwas anderes als bei einem heute 60-Jährigen – der war 1990 mal gerade 41 Jahre alt und hat mit großer Wahrscheinlichkeit den Computer schon als ganz normales „Instrument“ kennen gelernt.

(2) Seite 22, im Rahmen Thema des Monats („Das neue Bild vom Alter“)
„Altersgrenzen verschwimmen
Kein Jugendmonopol: Auch jenseits der 50 lernen manche ein Instrument oder gehen auf Rockkonzerte“

Hier gilt das Gleiche. Wer heute 60 ist, hat in seiner Jugend doch gerade den Aufbruch der Beatles, der Stones miterlebt. Bob Dylan, Jahrgang 1941, geht genau wie die Rolling Stones noch ständig auf Tour. Was also ist daran so erstaunlich, wenn jemand seine Musikvorlieben weiterhin pflegt? Erstaunlicher fände ich es, wenn jemand herausfände, dass 30% der über 70jährigen HipHop toll finden.

Wobei ich immer wieder über die Grenze 50 Jahre staune. Die Menschen sollten sich viel häufiger dagegen wehren, dass sie einfach in eine Gruppe „ab 50 bis zum Tod“ gesteckt werden. Wer 50 Jahre alt ist, ist häufig auf der Höhe seiner Schaffenskraft. Erfolgreiche Firmenchefs großer Firmen sind ja kaum unter 50 Jahre alt – und das sicher nicht ohne Grund! Statistisch zu trennen zwischen „Berufstätigen“ und nicht „Berufstätigen“ lässt sich (vor allem markttechnisch…) noch begründen, aber die Zäsur bei der 50 ist völlige Willkür und nur dazu geschaffen, Menschen zu unterjochen, die sich noch kraftvoll und gesund fühlen.