Altersflecken

2. September 2012: Was tun gegen Altersflecken?

Diese Frage stammt nicht von mir, sie habe ich aus dem Seniorenratgeber 8/2012, Seite 76. Es werden dann auch verschiedene Methoden vorgestellt. Schuld sind zu viel UV-Strahlung, zu viel Putzen, zu wenig Pflege. Und schon nach dem ersten Einleitungsteil wissen wir, dass diese Pigmentverfärbungen etwas Übles sind, die wir gerne als Schandmal betrachten sollten. Sind sie frisch, helfen bleichende Pflegeprodukte, oder auch Entfernung per Laser.

Ich finde das pervers. Denn es zeigt, wie ernst es den Medien damit ist, das Alter und Älterwerden mit Selbstbewusstsein anzugehen. Anti-Aging, Anti-Altersflecken, es bleibt das Bestreben danach, die Alterzeichen zu entfernen. Wir müssen stets und ständig aktiv und frisch sein, bis uns dann irgendwann doch das Alter in Form von Alterskrankheiten und Demenz ans Bett fesselt.

Wann gibt es endlich ein normales Bild älterer Menschen, das zur Orientierung angeboten wird? Nicht diese aufgeschminkten Fassaden ohne Fehl und nur mit wohlgesetzten Fältchen. Jeder Mensch wird älter, das ist der Lauf der Dinge. In der Jugend machen wir uns darüber keine Gedanken, irgendwann ist es dann ein Schreckgespenst. Weil dem Altern heute Funktion und Normalität genommen ist. Jeder wird an sich die Zeichen des Älterwerdens feststellen können, seien es Falten oder graue Haare. Die damit verbundenen angeblichen Schwächen: Die dürfen wir, so finde ich, nicht akzeptieren! Altern ist nicht automatisch mit Gesundheitsverlust und Demenz verknüpft. Da erinnere ich gerne an die Ernährung, Bewegung und auch geistige Weiterentwicklung.

Ich fange bei mir selbst an und habe ein Bild für mich, wie ich weiter durchs Leben gehen möchte. Ich möchte die äußeren Zeichen des Älterwerdens als Preis sehen, nämlich als Preis für Dinge, die ich dazugewinne. An Einsicht, an Geduld, vielleicht eines Tages sogar an Weisheit. Der Spruch „Es gibt nichts umsonst in diesem Leben“ drängt sich da quasi auf.

Älterwerden führt zum Sterben, und das ist gut so, denn sonst würde die Welt noch schneller aus den Nähten platzen, als sie jetzt schon tut. Es wäre ein Alptraum, wenn Eltern noch älter würden. Es ist für die persönliche Entwicklung eines Menschen wichtig, dass die Eltern sterben, denn dann erst tritt das echte Erwachsenwerden ein. Ich kann das immer wieder an Freunden und Bekannten beobachten. Das Problem ist, dass wir das theoretisch alle einsehen – für andere. Nicht für uns selbst „natürlich“.

Es geht aber kein Weg daran vorbei und wenn wir uns die Hände mit Lasern weiß scheuern lassen: Es geht weiter und das fix. Solange wir uns selbst nicht akzeptieren, so wie wir sind, können wir als Ältere auch keinen Respekt von den Jüngeren erwarten, denn wie will ich respektiert werden, wenn ich mich selbst in meiner Ganzheit nicht akzeptiere?

Beschwerdefreiheit

Kommentar vom 20. Februar 2010: „Gesundheit und Gnade“

Vor etwa einem Monat hatte ich in einem Beitrag meiner Dankbarkeit dafür Ausdruck gegeben, dass ich gesund bin (hier). Im Kommentar hatte sich dann ein Rohköstler dagegen gewandt, dass ich Gesundheit als etwas „Gottgegebenes“ betrachte, was er für völlig falsch hält. Ich hatte mich da wohl ein wenig missverständlich ausgedrückt.

Heute entdeckte ich im Zusammenhang mit einem Blogeintrag über „Gnade“ den folgenden Satz: „Und mit zunehmendem Alter empfinde ich es auch als Gnade, noch relativ beschwerdefrei jeden Morgen aus dem Bett steigen zu können. ;-)

Dieser Satz ärgert mich so, wie sich wohl der Rohköstler über meinen Satz „geärgert“ hat. Aus diesem Satz klingt eine furchtbare Ergebenheit in die sogenannten Alterskrankheiten. Es ist ganz klar herauszulesen: Je älter wir werden, umso mehr Zipperlein werden wir haben. Außerdem wird dem Ganzen noch eine Prise Humor beigegeben, über den ich nicht einmal schmunzeln kann: „noch relativ beschwerdefrei“.

Was für eine Einstellung ist denn das zur Gesundheit, wo relativ beschwerdefrei mit einem Smiley versehen wird? Gesundheit ist zwar in gewissen Grenzen über Familiengeschichte und Veranlagung vorbestimmt: Wenn ich mit einem Loch im Herzen auf die Welt komme, liegt es nicht mehr in meiner Hand, ob ich ein gesunder Mensch bin. Aber der ganze Rest, alles andere, ist allein meine eigene Verantwortung. Ich weiß nicht, ob die Verfasserin dieser Zeilen jünger oder älter ist als ich. Auf jeden Fall will ich beschwerdefrei aufstehen, bis ich das letzte Mal aufgestanden bin. Und jeden Tag will ich, nachdem ich aufgestanden bin, so gesund wie möglich, gesund – und nicht relativ beschwerdefrei – durch meinen Tag gehen. Ich akzeptiere auch den Begriff Alterskrankheiten nicht, der eine Erfindung der Krankenkassen ist, damit sie keine wirkliche Vorsorge betreiben müssen, sondern lieber ihre Paläste größer bauen können.

Wenn ich eines Tages doch mit einer dieser Krankheiten geschlagen werden sollte, die durch Zivilisationskost verursacht werden, so weiß ich, dass dies einen Grund hat: Ich habe die Vollwertigkeit erst recht spät in meinem Leben entdeckt. Ich halte es zwar für unwahrscheinlich, dass mich bei meiner Lebensweise einmal ein Diabetes erwischt – aber wer weiß das schon?

Das mich niemand missversteht: Ich will nicht die Tatsache leugnen, dass wir alle, dass ich älter werde. Dafür gibt es eindeutige Zeichen. Aber ich akzeptiere nicht und werde dies auch nie tun, dass mit gewissen Altersgrenzen auch ganz bestimmte Zipperlein auftreten. Deshalb reagiere ich – obwohl ich im Grunde gerne lache – auch auf alle Scherze in diese Richtung sehr säuerlich .“Ach das ist das Alter…“. Nein! Da verziehe ich keine Miene. Ich will nämlich das Älterwerden genießen, die Vorzüge auskosten, die jedes weitere Jahr mir bringt: Einsichten, Verständnis, Geduld. Ich bin nicht bereit Älterwerden gleichzusetzen mit einem unweigerlichen Abgleiten in Demenz, körperliche Unbeweglichkeit und die Einnahme von mindestens fünf verschiedenen Arzneimitteln.

Wenn wir schon von Gnade sprechen: Ich empfinde es als Gnade, dass ich die Vollwertkost noch kennen lernen konnte, bevor mich mehrere Zivilisationskrankheiten erwischt hatten.

40, 50, 60, 70 oder 80 Jahre: na und?

Kommentar vom 27. Juli 2009: Runde Geburtstage

Heute eine Annonce im Familienteil des RGA:

60 Jahre, ach du Schreck,
die Jugend und der Lack sind weg.
Knochen knacken – Muskeln drücken,
manchmal hast du’s mit dem Rücken.
Hattest Höhen und auch Tiefen,
warst stets da, wenn wir Dich riefen.
Denn das eine sollst du wissen,
bleib uns treu, sonst sind wir aufgeschmissen.
Wir wünschen Dir von Herzen Glück,
Du bist und bleibst das beste Stück.

Solcher Art Anzeigen gibt es gerne zu runden Geburtstagen, vornehmlich ab 40 und besonders natürlich für Frauen. Das Schlimme daran ist, dass die Betroffenen darüber lachen und denken, DAS sei Humor und wenn sie nicht auf diese Weise über sich selbst lachen könnten, dann seien sie humorlos. Es gibt noch schlimmere Ausgaben, so wurde z.B. der 50. Geburtstag einer Bekannten mit einer Auto-Inspektion verglichen (natürlich nicht bei einem Neuwagen mit 2 Jahren Laufzeit).

Wie soll sich diese Frau auch nur noch einmal mit Freude im Spiegel beschauen und denken, dass sie attraktiv und ansehnlich ist? Als kranke Hülle wird sie dargestellt, von der der Lack abplatzt. Wenn dieser Frau wirklich Knochen und Muskeln weh tun, ist es an der Zeit, dass liebende Verwandte ihr vielleicht einen Feldenkrais-Kursus schenken. Wer glaubt, dass dieses Geburtstagskind nach Lesen der dritten Zeile wirklich noch Freude hat, der irrt. Sie wird der Familie vorspielen, dass sie das lustig findet, während ihr ein Kloß im Halse sitzt. Sie sollte aufstehen, der Familie die Zeitung um die Ohren knallen und den Tag alleine oder mit einer guten Freundin verbringen.

Und auch hier geht es wieder um den Respekt vor dem Alter, der im kleinen ansetzt. Wenn ich schon meine eigene Mutter / Schwester / Freundin so herabwürdige, wie ein Stück Möbel, wie kann ich da selbst Respekt erwarten, wenn ich einmal älter werde?

Jedes Jahrzehnt hat seine Stärken. Sehr aufschlussreich ist da die Lektüre von „Beweglich sein, ein Leben lang“ von Thomas Hanna (vordergründig ein Feldenkrais-Buch), der diverse Untersuchungen zitiert, wo gezeigt wird, dass die allgemeine Ansicht „ab 25 geht’s bergab!“ nicht stimmt. Gewisse Dinge sind erst viel später wirklich auf der Höhe – sprachliche Fertigkeiten z.B. ab dem 5. Jahrzehnt.

Hanna zeigt da auch eine schöne Übereinstimmung mit Bruker: Es gibt keine Alterskrankheiten per se. Nicht das Alter macht uns krank, sondern die Art und Weise, wie wir die Jahrzehnte davor verbracht haben. Das glaubt natürlich heute kaum noch einer, wo es uns von Ärzten, Medien und lieben Freunden ja ständig klar gemacht wird, dass das Alter (wie auch die erwähnten Wechseljahre) mehr oder weniger eine Krankheit ist. Und weil es so viele, viele alte gebrechliche und demente Menschen gibt. Keiner aber fragt, warum sie in diesem gesundheitlichen Zustand sind und warum in anderen Kulturen alte Menschen verehrt wurden (und das sicher nicht, weil sie furchtbar krank und verwirrt waren).

Natürlich werden wir alle älter, hoffentlich alt bei guter Gesundheit. Aber wenn wir uns solcherlei Dinge wie dieses Gedicht gefallen lassen, wenn wir selbst in die Falle tappen und Sprüche loslassen wie „Ach ja, ich werde alt“ (Antwort: Na, das hoffe ich für dich!) oder „Ja, das ist der Alzi“ – da kann das angeblich noch so lustig gemeint sein, es ist eine negative Programmierung.

Mit Würde älter werden ist etwas anderes. Es heißt nicht, krampfig um Jugendlichkeit bemüht sein, nicht Resignation in Krankheit und Gebrechlichkeit. Älter werden mit Würde heißt für mich, akzeptieren, dass die Jahre hinzu kommen, dass der Körper sich verändert, dass ich täglich mehr hinzulerne – dass ich jeden Tag mehr Respekt vor mir haben kann für das, was ich in den Jahren davor geleistet habe und diesen Respekt auch von anderen erwarte.

An meinem letzten runden Geburtstag bin ich mit meiner Klavierlehrerin in ein Wellnesshotel gefahren. Das war eine tolle Erfahrung, wir haben beide viel Spaß gehabt. Freunde und Familie waren etwas enttäuscht…. ich will nicht hoffen, weil sie sich jetzt die kleinen vorbereiteten Gedichte verkneifen mussten 🙂