Kommentar vom 13. Januar 2011: Butter – Lebensqualität, die schmeckt
Dieser Satz ist nicht von mir, sondern Überschrift in einer Werbung. Da gucke ich natürlich interessiert. Was uns dort verkauft werden soll, ist eine neue Margarine, ein streichfähiges Pflanzenfett also, das sich in dieser ganzeitigen Vierfarbanzeige von der Margarine distanzieren möchte. Die Argumentation für dieses Butter-Rapsöl-Kotzgemisch, ups, sorry: dieses natürliche Butter-Rapsöl-Gemisch ist umwerfend. Was uns nämlich an der Butter wohl so schrecklich stört, ist die umständliche Verpackung in der Folie und dass sie aus dem Kühlschrank kommend nicht streichfähig ist. Nee, klar, ein Päckchen aus Folie auszupacken und in einen Butterbehälter zu überführen, ist natürlich eine Anstrengung, die allenfalls noch mit Kraftsport zu vergleichen ist und daher für den Normalmenschen unzumutbar. Ja, und die fehlende Streichfähigkeit führt dazu, dass wir uns die Butter nur dick aufs Brot schneiden können. Denn wir sind heute nicht mehr in der Lage, das Päckchen Butter eine halbe Stunde vor der Mahlzeit aus dem Kühlschrank zu nehmen.
Ich liebe Werbetexter. Selten fabriziert jemand mehr Blödsinn, als diese Menschen, die vor Verfassen ihrer Texte ihr Hirn einmotten und pausieren lassen, denn so hirnlos kann kein Mensch sein. Die Selbstgefälligkeit strömt förmlich aus jedem Wort, mit dem die Marketingleute nun glauben, den Stein des Verkaufweisen gefunden zu haben. Denn hier wird uns ja „die moderne, natürliche Alternative“ vorgestellt, „die feinsten Buttergeschmack mt absoluter Streichfägigkeit vereint.“ Vereinigung ist immer schön, gell? Und absolute Streichfähigkeit scheint die Steigerung von Streichfähigkeit zu sein. Hmm. Also ich kann mir das jetzt nicht so ganz vorstellen: Wenn Butter z.B. streichfähig ist, wie unterscheidet sie sich von einem Gemisch, das absolut streifähig ist? Das ist mir jetzt absolut unverständlich 😉
Und weil wir als mündige Verbraucher behandelt werden, erfahren wir nun auch mehr, nämlich über die Zusammensetzung dieser „köstlichen Verbindung“: „hauptsächlich“ besteht sie aus „reiner Butter und Rapsöl„. Rapsöl ist übrigens eine Neuentwicklung, weil Raps an sich ja am besten für Dieselfahrzeuge geeignet ist. Aber das ist ein Thema für sich 😉 Mich fasziniert das „hauptsächlich“. Wie viele Prozent sind denn hauptsächlich? Und was sind die nebensächlichen Bestandteile? Ich könnte ja ein Gemisch herstellen, sagen wir mal aus 50 % Butter, 10 % Rapsöl und 40 % Arsen. Dafür träfe dieser Satz auch zu 🙂
Die Krönung: Diese Supperfett mit einem Ölgehalt bis zu 45 % (!) und einem Eiweißgehalt von rund 22 % (wo kommmt eigentlich das ganze Eiweiß her? Butter hat kaum welches, und Rapsöl ganz gewiss nicht) gehört „zu den wertvollsten Produkten weltweit„. Ehrlich – ich bleibe lieber bei Gold. Und ist außerdem in einem praktischen Becher verpackt. Der praktische Becher ist ein viereckiges Margarinetöpfchen. Nee, klar, eine tolle Innovation.
Und dann werden wir mal wieder mit Prozentzahlen übers Ohr gehauen. Wir lesen „Arla Kaergarden hat mit 75 % einen etwas geringeren Fettgehalt als Butter. Dieser besteht zu 75 % aus reiner Butter und zu 25 % aus Rapsöl.“ Ich habe gestutzt, denn im Gedächtnis bleibt „75 % reine Butter + 25 % Rapsöl sind doch 100 %“. Betrug schon gesehen? Die 75 % dieser Substanz setzen sich aus Butter und Öl zusammen, d.h. 25 % des Produktes sind andere Stoffe!! Oder anders herum gesagt: 75 % von 75 % sind Butter – das sind 56,25 % der Gesamtmenge. Außerdem wissen wir immer noch nicht, was denn die anderen 25% neben den Fetten sind.
Erst im Internet finde ich etwas mehr zur Produktzusammensetzung, allerdings auch in einem verschachtelten Register: „Weitere Zutaten: Butter, Rapskernöl, Milchsäurekultur. Enthält Laktose. Glutenfrei.“ Die fehlenden 25 % sind damit immer noch nicht aufgeklärt. Da frage ich mich, welche interessanten Produkte das wohl sind, die so an der Deklarationspflicht vorbeischerbeln.
Die Website ist im Übrigen eine weitere geschwafelte Augenwischerei und Schönfärberei. Die Firma stellt sich als umweltbewusst und natur- sowie menschenliebend dar. Wie weit das geht, sei nur an einem Beispiel demonstriert, dem Passus zur Kinderarbeit:
„KINDERARBEIT
Wir akzeptieren keine Kinderarbeit, definiert als Arbeit, die von Personen unter 15 Jahren oder älter durchgeführt wird, wenn die lokale Gesetzgebung ein höheres Alter oder eine längere Schulbildung voraussetzt.“
Und was ist, wenn die lokale Gesetzung Kinderarbeit erlaubt?
Das Wort Scheinheiligkeit könnte für dieses Produkt und die Herstellerfirma geradezu erfunden worden sein.