11. Oktober 2012: Obst als Nachtisch
In einem meiner kleinen Preisausschreiben auf dem Menüblog hatte ich im September die Frage gestellt:
Wie steht’s mit Obst als Nachtisch nach einer Bohnensuppe in der Vollwerternährung ?
- Bestes: Der beste Nachtisch, den es gibt.
- Eingeweckt: Da Rohes vor dem Essen gegessen werden soll, darf es zum Nachtisch nur eingewecktes Obst geben.
- Einheimisch: Solange es einheimisches Obst ist, darf man es als Nachtisch essen. Exotisches Obst ist zu schwer verdaulich.
- Frisch: Frisches sollte grundsätzlich vor der warmen Mahlzeit gegessen werden.
- Sauer: Saures Obst geht nicht, weil das negativ auf die basischen Hülsenfrüchten einwirkt, sonst okay.
- Verträglichkeit: Das liegt alleine an der individuellen Verträglichkeit.
Die meisten hatten richtig geantwortet, mit Nummer 4. Aber einige hatten auch anders geraten, andere bezweifelten das und wollten von mir eine Erklärung. Dies wird auch in „erlauchten“ Vollwertkreisen nicht immer richtig gehandhabt. Deshalb möchte ich es hier mit Brukers eigenen Worten belegen. Dass jetzt einige dennoch Obst zum Nachtisch essen, heißt nicht, dass diejenigen sich nicht vollwertig ernähren. Manche trinken auch Saft. Die Vollwert ist ja kein Zwangsgerüst. Wichtig finde ich immer nur, dass wir WISSEN, was buchstabengetreu ist und was nicht. Denn häufig lassen sich auch Unpässlichkeiten damit erklären, für die sich sonst kein Grund finden lässt.
Wenn wir an das D-Zug-Beispiel denken: Der D-Zug (Rohkost) wird ja vor dem Bummel-Zug (gekochte Speisen) gegessen. Da macht es wenig Sinn, anschließend wieder einen D-Zug hinterherzuschicken.
Ich zitiere hierzu auch aus dem “Ärztlichen Rat”, Seite 265, Stichwort Frischkost:
Frage: Warum soll Frischkost immer vor der gekochten Nahrung gegessen werden?
Die Frischkost ist leichter verdaulich, weil sie noch zahlreiche biologische Wirkstoffe enthält, die beim Kochen zerstört werden. Je leichter eine Speise verdaulich ist, umso weniger lange ist es nötig, dass sie im Magen verbleibt, d.h. umso kürzer ist die Verweildauer.
Es ist selbstverständlich, dass man diese Speisen vor den schwerer verdaulichen zu sich nimmt. Deshalb muss logischerweise die Frischkost vor dem Gekochten gegessen werden.
Aufgepasst: Die Frage lautet „Warum soll Frischkost IMMER…“, und nicht „Warum soll vor dem Gekochten Frischkost gegessen werden“. Bruker schreibt auch nicht: Es muss etwas Frischkost vorher gegessen werden, und der Rest kann beliebig verteilt werden.
Zu 1: Obst ist sicher ein sehr gutes Lebensmittel, die Antwort 1 war ein bisschen fies
Zu 2: Gekochtes Obst gehört zu den vier “Nein” der Vollwertkost; zu 3: das ist frei von mir erfunden, genau wie Nr. 5. Die Nummer 6 klingt verlockend, und weil viele Menschen eben Obst nach dem Essen auch vertragen, wird das häufig als Regel empfunden – was es aber nicht ist.
Einer Teilnehmerin, die es bisher anders verstanden hatte, habe ich es auch noch einmal dargelegt und stelle das zum besseren Verständnis hier ebenfalls ein:
Viele verstehen das Zitat von Bruker falsch, obwohl es so ganz eindeutig formuliert ist. Ich wiederhole den letzten Satz:
Es ist selbstverständlich, dass man diese [Frischkost = leicht verdaulichen] Speisen vor den schwerer verdaulichen zu sich nimmt. Deshalb muss logischerweise die Frischkost vor dem Gekochten gegessen werden.
Beachtet bitte: er sagt „die Frischkost“, und nicht „Frischkost“! Wäre es ander, müsste er nämlich formuliert haben: „Vor dem Gekochten sollte immer (etwas) Frischkost gegessen werden.“ Ich finde, das sind zwei völlig andere Sätze und keine Wortklauberei 🙂
Ich kann das übrigens aus eigener Erfahrung bestätigen. Esse ich zum Beispiel Trauben im Frühstück oder vor der Mahlzeit, ist alles wunderbar. Esse ich aber Trauben nach einer Scheibe Brot, bekomme ich Blähungen.
Viele Dinge werden in der Praxis anders gehandhabt, z.B. werden in Lahnstein Obstkuchen gebacken, was eigentlich nicht „erlaubt“ ist. Aber solange die Leute das vertragen, will man dann wohl nicht weiter einengen. Ich esse ja wie gesagt auch Obst zum Nachtisch – wundere mich dann aber auch nicht, wenn es mir anschließend nicht so gut geht.
Es ist eben ein Unterschied zwischen der praktischen Theorie und der Praxis 🙂 Für mich an dieser Stelle interessant ist eben auch, wie leicht Unpässlichkeiten dann falsch interpretiert werden können. Wüsste ich von dieser „Regel“ nichts, würde ich vielleicht glauben, ich vertrage kein Vollkornbrot!
Wie oben gesagt: Die Vollwertregeln sind kein Zwangsgerüst, wir haben Freiheiten (wobei ich die teils sehr leger gehandhabt finde, wer Kaffee trinkt und sich als Vollwertler bezeichnet, ist im Übergangsstadium, vielleicht auf dem Weg, aber kein Vollwertler). Wir haben Freiheiten, ja. Bevor wir uns aber über die Vollwertkost als nicht hilfreich beschweren, sollten wir ehrlich zu uns selbst sein.