Bitte lasst mich in Ruhe…

Was ich meine ist – ja, ich möchte mich über die aktuelle Lage informieren. Also höre ich morgens wie sonst auch die Nachrichten und abends sehe ich die Nachrichten öfter als sonst. Das reicht mir, denn dort gehe ich von seriösen Informationen aus. Heute habe ich mich über die morgendlichen Radionachrichten gefreut, weil sie es tatsächlich mal geschafft haben, wenigstens im letzten Viertel der Nachrichten über was anderes zu informieren als das XXX Virus bzw. das XXX-19 Virus (wie es für die Möchte-Gern-Gebildeten heißt).

Jeden Abend kommen Sondersendungen, werden die Anfangszeiten von anderen Sendungen verschoben. Schlimmer als beim Sport, wo mich das schon nervt. Jede Talkshow hat nur noch ein Thema: XXX.

Ich bin es sowas von leid, ich ziehe schon eine lange Schleppe hinter mir her, soweit hängt mir das zum Hals raus. Jeder muss was dazu sagen, fast jedes Online-Versandhaus schickt mir eine lange Mail, wie ernst sie alles nehmen.

Es gibt so etwas wie Überinformation. Auch die öffentlich-rechtlichen Sender haben andere Informationsmedien als ein verändertes Fernsehprogramm zur Verfügung. Wobei ich, da ich nur selten fernsehe, noch weniger betroffen bin als andere.

Wird eine schwierige Situation einfacher, wenn jeder meint, dazu etwas Wichtiges oder noch Wichtigeres abzulassen? Ich tue mir dieses wichtigtuerische Diskussionsgedösel schon gar nicht an.

Meiner bescheidenen Meinung nach, kann es Ziel aller Bemühungen zur Krankheitsvermeidung nur sein, dass man sich an die Maßnahmen gewöhnt. Ist nicht für jeden gleich einfach. Aber wenn es dann in den nächsten Wochen zur Normalität wird, bitte schön. Aber es wird für mich nicht normaler, wenn es mich von überall anschreit.

Scherze, „wichtige“ tiefgrüblerische Erkenntnisse, Aufklärungsvideos – nein, danke!

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Die Reise – ohne Email und Internet

10. Juni 2013: Wer eine Reise macht, kann etwas erzählen: Das Internet

Von Vornherein war klar: Genau wie für zu Hause geplant, wollte ich mich auch auf der Reise internetfrei halten. Das Cottage hatte weder Telefon- noch Internetanschluss, allerdings einen schicken Fernseher. Ich habe nur ein uraltes Handy (Nokia 6230) mitgenommen, falls Laura und ich getrennte Wege gingen, wollten wir einander erreichen. Und so ganz ohne Telefon für Notfälle ist auch nicht so gut.

Schon zu Hause habe ich es gemerkt und das hat sich dann „fern der Heimat“ bestätigt: Ich vermisse das Internet nicht. Was mich etwas wunderte, bin ich doch aktiv, mache jeden Tag etwas, schicke und lese zig Emails. Kaum war der PC auf „Aus“, also auch innerlich, interessierte mich das alles nicht mehr. Mein Wunder-Handy mit Email-Anschluss kriegte den Zugang gesperrt und blieb dann sogar zu Hause.

Laura schaut eher öfter fern, das weiß ich noch aus der Zeit, als wir mal für eine Weile in einer Art WG gewohnt haben. Als wir in das Cottage kamen, stand im Wohnzimmer ein Flachbildschirm.

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Laura versuchte ihn in Gang zu bringen, ich habe mich schließlich mit Geduld der Anleitungen angenommen, sie ist da nicht sehr geduldig. Nach einer Viertelstunde hatten wir ein tolles Bild und ich wusste, wie die Kanäle zu wechseln waren. Ich kenne das Gefühl, wenn ich Zufalls-Fernsehe – mein Magen dreht sich, ich bin sofort genervt. Aber wenn Laura gucken wollte, kein Problem, ich hatte ja einen Raum zum Ausweichen oder könnte Spazierengehen. Aber zu unserer beiderer Verwunderung bliebt der Fernseher ausgeschaltet. Laura wollte nichts mitkriegen von dem Geflimmer – Hauptsache, es funktionierte grundsätzlich.

Im Radio habe ich letztlich gehört, dass 19-jährige Studenten, die in einem Versuch ohne Internet sein sollten, schlimmere Entzugserscheinungen bekamen als Alkoholiker. Vielleicht kann man die Leichtigkeit, mit der ich den Wegfall der Kommunikationstechnologien hingenommen, ja fast genossen habe, die „Gnade der frühen Geburt“ nennen? Ich habe die ganzen modernen Kommunikationsmittel erst kennen gelernt, als ich voll erwachsen war. Ich weiß noch, dass das Leben auch ohne geht. Unseren ersten Fernseher haben wir zu Hause bekommen, als ich 11 Jahre alt war. Dafür bin ich dem Leben dankbar, anders kann ich das nicht sagen. Dass ich etwas, was ich wie das Internet mit all seinen vielen Möglichkeiten eigentlich gerne habe und betreibe, ohne ein Gefühl des Vermissens hinter mir lassen konnte, gab und gibt mir ein gutes Gefühl.

Laura hat einmal ihren Mann angerufen, um ihm zu sagen, dass wir gut angekommen sind. Dann hat sie noch ein paar SMS geschickt, genau wie ich auch. Ich habe auf meinem „alten Knochen“ sogar einige Fotos gemacht, deren Qualität technisch nicht brilliant ist, aber die durchaus einen Eindruck geben. Sie sind auf ihre Weise… atmosphärisch. Hier ein Beispiel

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Auch in der Küche – die Ausstattung mit einer Spülmaschine war schon angenehm – gab es keine größere Küchenmaschine. Geht auch 🙂

Es ist einfach herrlich, einmal auszutesten, wie abhängig man von der Technik ist. Warmes Wasser, Heizung ja – das brauche und möchte ich. Spülmaschine ist willkommmen. Internet (und Fernsehen) sind zu Hause phantastische Möglichkeiten, aber für mein Wohlbefinden nicht erforderlich, genau übrigens wie die drei „X“ Thermomix, Vitamix, Magic Maxx… nur eine Mühle würde ich natürlich auf Dauer haben wollen.

Das heißt jetzt nicht, dass ich ohne Internet sein möchte, zu viele schöne Dinge und viele nette Menschen habe ich dort kennen gelernt. Aber es ist ein schönes Bewusstsein, einmal zu erleben, dass es auch ohne geht.

Böses, böses Fernsehen und böse, böse Computerspiele

11. Mai 2013. Schau TV und dann ab in den Knast

Brutale Computerspiele machen harmlose Kinder zu Amokläufern und Fernsehen macht sowieso aggressiv.

Ich liebe solche Schlagzeilen, weil sie so herrlich Vorurteile bestätigen. Es ist so schön naheliegend, dass ein Kind, das auf dem Bildschirm mit dem Gewehr rumballert und Monster sich in Blutklumpen aufplatzen sieht, auch im wirklichen Leben aggressiv wird. Und da Computerspiele böse sind, und natürlich das Fernsehen auch böse ist, gibt es auch Studien zu diesen Themen.

Nicht, dass ich der Ansicht bin, dass Kinder unbedingt alle brutalen Spiele spielen sollten und Fernsehen ohne Ende – aber wenn solche Thesen anhand von Studien „nachgewiesen“ werden, hätte ich das gerne schlüssig.

So entdeckte ich in der Apotheken-Umschau (AU) vom 1. April 2013 einen kleinen Artikel mit der Überschrift „TV macht aggressiv„. Daneben ein Bild von einem Mädchen mit Fernbedienung in der Hand und der Bildunterschrift „Maßvoll schauen: Zu viel fernsehen hat negative Folgen.

Offensichtlich gilt das auch für Wissenschaftler. Es nimmt ihnen die Möglichkeit, ihre eigenen Ergebnis vernünftig zu interpretieren. Oder haben die Forscher der Universität von Otago (Neuseeland) nur Ergebnisse vorgestellt, ganz wertfrei, und die AU wertet?

Interessant finde ich ja schon, dass Ergebnisse aus Neuseeland mal so ganz ohne Nachdenken auf die ganze Welt übertragen werden. Na, vielen Dank! Auch wenn man sich denkt: Na, wieso nicht? – da ist immer Vorsicht angesagt. Wir kennen zum Beispiel die Art der Sendungen in Neuseeland-TV nicht. Das könnte auch einen Unterschied machen. Genauso wie wir nicht wissen, ob die neuseeländischen Kinder überwiegend Kita-Kinder sind oder zu Hause bleiben. Ob neuseeländische Kinder eher in großen Familien oder mit alleinerziehenden Eltern aufwachsen. Dies alles sind lebensbestimmende Faktoren! Ich meine das jetzt in keine Richtung wertend, aber ohne dies zu wissen, kann ich nicht einfach von einem Land auf das andere übertragen.

„Sehr viel fernsehen in der Kindheit erhöht das Risiko für Aggressivität im Erwachsenalter.“ So lautet die These, die die Forscher aus den Daten „von Teilnehmern, die als Heranwachsende in den 80er-Jahren zu ihrem Fernsehkonsum befragt worden waren [, ermittelten]. Je länger die tägliche Fernsehzeit, desto größer die Wahrscheinlichkeit, später im Leben straffällig zu werden.“ Schon hier fehlt eine Angabe, was unter „viel fernsehen“ zu verstehen ist. Da gibt es mit Sicherheit stark auseinandergehende Meinungen!

Diese Studie wurde also in den 80er Jahren begonnen. Die Zahl von Teilnehmern in den 80ern und wie viele dann später nachverfolgt werden konnten, werden uns unterschlagen. Und diese Zahl sind natürlich wie bei jeder Studie enorm wichtig. Somit ist eigentlich schon jede Nachvollziehbarketi futsch. Außerdem waren gerade die Anforderungen an Fragebogen in den 80er Jahren noch ganz andere als heute. Auch dazu wird nichts gesagt. Aber wenn ich einmal alles dies außen vorlasse und einfach mal aus lauter Freundlichkeit annehme, dass die ganze Durchführung streng wissenschaftlich und objektiv durchgeführt wurde: Woher nehmen die Wissenschaftler die Sicherheit, dass sie einen Kausalzusammenhang (einen ursächlichen Zusammenhang) und nicht eine Korrelation (eine parallele Entwicklung) entdeckt haben?

Ich gebe dazu ein Beispiel: Wenn es so wäre, dass besonders Eltern, denen ihre Kinder gleichgültig oder lästig sind, eher eine Tendenz haben, ihre „Blagen“ stundenlang vor die Glotze zu knallen, weil sie dann beschäftigt sind, wer weiß denn dann am Ende, ob es der Fernsehkonsum oder die Lieblosigkeit der Eltern war, die die Kinder als Erwachsene auf den falschen Weg geraten ließ? Dann wäre die Straffälligkeit nach hohem Fernsehkonsum nämlich nur ein Symptom, eine Korrelation, aber keine Ursache. Und was ist straffällig? Geht das prozentual durch alle Straftaten, oder sind nur die Zahlen bei Diebstahl erhöht?

Auch hier könnte ich die Zahl der Fragen, die für eine Interpretation wichtig sind, fast endlos erweitern. Ich wehre mich erneut dagegen, dass mir „beliebte“ Thesen als Studienergebnisse vermittelt werden, ohne mich mit wenigstens einem kleinen Repertoire an wichtigen Fakten zu versorgen.

Glaube nichts, was du gerne glaubst!

24. Juni 2012: Fernsehgucken macht pervers

Das sage ich jetzt nicht, weil ich keinen Fernseher habe 🙂 Der Grund für meine Überschrift ist: Ich beobachte, wie das Fernsehen genau wie das Internet gläubig vereinnahmt wird.

Ein Beispiel: Vollwertler sehen Fernsehfilme, in denen gesagt wird, dass Zucker in Maßen gesund ist, dass Tiereiweiß wichtig ist, dass Diabetes und Allergien auf genetischen Veranlagungen beruhen.

Zurecht lachen sie sich entweder ins Fäustchen oder regen sich über diese Verdummung auf. Sie gucken kritisch.

Das kritische Gucken hört aber sofort auf, sobald das Fernsehen einen Skandal aufreißt, der die Gutmenschen-Seele berührt. Sweat-Shops in Indien – drei Monate lang kaufen die Gutmenschen keine T-Shirts mehr. Orangensaft: Kinder werden beim Arbeiten mit dem Spritzen der Früchte vergiftet und verkrüppelt – drei Monate wird kein O-Saft mehr gekauft. Erst ist es die Baumwolle, dann sind es die gespritzten Orangen, die Bananen, die Kakaonibs, die Erdbeeren. Entrüstung macht sich in alternativen Kreisen breit.

Hatten sie gerade z.B. noch einen total netten Shop für T-Shirts entdeckt, der gute Qualität verkauft, mit viel Service und drum und dran, heißt es jetzt plötzlich: „Nein, dort kaufe ich nicht, die haben keine Baumwolle mit Gutmenschen-Siegel! Ich kaufe meine T-Shirts jetzt lieber bei Lidl, die haben nämlich dieses Siegel.“

Kleine Shops gehen so auf die Dauer kaputt und Herr Lidl lacht sich ins Fäustchen. So ein Gutmenschen-Siegel lässt sich nämlich kaufen und am meisten verdient daran mal wieder… der Zwischenhandel. Und ihre Botschaft, die die kleinen Shops vernichten könnte, verbreiten die Gutmenschen natürlich über ihren PC. Wo wird der denn hergestellt, haben sie sich das einmal gefragt?

Zurück aber einmal zu dem Fernsehbericht. Warum werden solche Filme, die an die emotionale Gutmenschenseite appellieren, so völlig kritiklos angeschaut? Warum wird dort nicht die gleiche kritische Messlatte angelegt wie bei einem Film über die Güte von Zucker, Kaffee und Fleisch?

Letztlich erhielt ich einen Link zu einem Film über eine Tierseuche in Deutschland, die teils auf Landwirte übergeht und nicht wirklich ernstgenommen wird. Abgesehen davon, dass der Fernsehbericht nicht wirklich in die Tiefe ging, fielen mir die Trickaufnahmen am Anfang auf. Die Reporterin geht zum Beispiel durch ein Labor …. andererseits ist vom Rest der Aufnahme ganz klar, dass sie NICHT in diesem Labor ist. Wer alles hat das gemerkt? Wieso konnte das Team die Bauern 5 Jahre beobachten, oder wurden da auch Situationen nachgestellt?

Es kann nicht jeder durch die Welt reisen und sich stets vor Ort davon überzeugen, dass alles mit rechten Dingen zugeht, leider. Wir sind auf Informationen über andere angewiesen. Aber immer wieder sehe ich, dass Berichte mit einer gewissen Tendenz (je negativer, umso „besser“) gierig und völlig unkritisch aufgenommen werden. Wenn ein Fernsehbericht über die schädliche Wirkung des Baumwollanbaus gezeigt und gleichzeitig Bio-Baumwolle als gut dargestellt wird, dann möchte ich auch wissen, wo die Stolpersteine der Bio-Baumwolle sind. Und ob da wirklich auch die kritische Seite beleuchtet wurde. Es ist einfach, aufrüttelnde Sendungen allzu bereit zu glauben, wenn sie „die böse Industrie“ anklagen. Aber die kritische Messlatte sollte dort genauso hoch, nein sogar noch höher angelegt werden, als bei offensichtlich dummen Aussagen in einer Sendung. Warum sollte die Kritik hier noch eher bereit stehen? Weil wir alles lieber glauben, was in unser Weltbild passt. Da heißt es dann besonders vorsichtig sein!

Neuigkeiten aus dem Krankenhaus

Kommentar vom 24. Juni 2009: Fernsehen im Krankenhaus!

Remscheider Generalanzeiger, Samstag 20. Juni: „Das Sana-Klinikum bietet ab sofort allen Patienten kostenloses Fernsehen. Nur eine Kaution für die Fernbedienung müssen sie noch hinterlegen, die bei der Entlassung rückerstattet wird.“

Na, wenn das nicht mal Fortschritt ist! Hatten wir früher vielleicht noch die Hoffnung, dass Zimmernachbarn und Zimmernachbarinnen aus Geiz oder Sparsamkeit den Fernseher ausgeschaltet ließen, so ist das heute vorbei. Die Kiste flimmert. Wobei ich dann mal voraussetze, dass wenigstens Kopfhörer vorhanden sind? Die Vorstellung, KRANK in einem Zimmer zu liegen, in dem ein Fernseher vor sich hinblubbert, ist für mich ein Alptraum, bei dem ich kaum gesunden kann.

Mineralwasser ist vermutlich nach wie vor nur zu horrenden Preisen zu bekommen, ein gesundes Essen außer in wenigen Ausnahmen sowieso nicht: Frischkost ist ja in derlei Anstalten ein Fremdwort, denn am Essen lässt sich von der Krankenhausleitung am einfachsten sparen. Da ja auch am Personal gespart wird und wir immer häufiger hören, dass auf das Klingeln niemand reagiert  – da ist das ja gut, wenn wir als Krankenhausinsassen den Fernseher laut stellen können, dann hören wir wenigstens das Gejammer aus dem nächststehenden Bett nicht.

Alleine solche Dinge sind für mich noch ein guter Grund, gesund zu leben in der Hoffnung, dass mir ein Krankenhausaufenthalt erspart bleibt.