Kommentar vom 15. Dezember 2010: Das hilft bei Gichtanfällen
So lautet heute die Überschrift eines kleinen Artikels, sogar mit Foto, in der Tageszeitung (Remscheider Generalanzeiger). Unterüberschrift: Erkrankte sollten die Ernährung umstellen. Wow, dachte ich, gibt es hier ein Plädoyer für die tiereiweißfreie Vollwertkost? Okay, ich bin realistisch, das wird es nicht sein, aber ich erwartete schon, dass der Artikel voller Hinweise auf eine möglichst fleischlose und dafür obst- und gemüsereiche Ernährung sein wird. Mal gar nicht schlecht.
Weit gefehlt. Christiane Löll, die hier mit vollem Namen zeichnet, lässt sich bestens von der Industrie einwickeln. Wie das geht? Rezept wie folgt: Man nehme einen Hinweis auf Naturheilkunde oder gesunde Ernährung in die Überschrift, labere dann ein wenig über die Krankheit, bringt dann etwas Positives zu einem TOLLEN Wirkstoff, das noch in einer Unterüberschrift, zitiert noch einen Arzt (immer gut!). Dann gibt man ganz lapidar in einem Satz wenig Neues zur Ernährung zum Besten und schließt dann mit einem Absatz über ein neues Präparat, juchhuuuuu, das in diesem Jahr zugelassen wurde. Ohne Namen des Produkts, das wäre sonst wohl selbst für eine Frau Löll zu offensichtlich.
Nun nehme ich den Pharmafirmen keineswegs übel, dass sie Presseinformationen herausgeben, die ihre Produkte vorstellen und in gutem Licht darstellen. Anders herum wäre es unsinnig. Ein Marktverkäufer zeigt ja auch nicht im Januar auf den Spargel und sagt: „Völlig neben der Jahreszeit, jetzt Spargel zu essen, außerdem muss er eingeflogen werden, ich empfehle lieber meinen Weißkohl.“ Was ich aber für eine angeblich neutrale Zeitung ein Unding finde, ist, dass solche Presseinfos (und anders kann ich mir diesen Artikel nicht erklären) vorgestellt werden wie ein Artikel, den Frau Löll sich mühsam aus der virtuellen Feder gerungen hat. Derselbe Artikel, mit einem Hinweis „Grundlage dieses Artikels war eine Presseinformation der Firma XXX“, würde die Leser nicht täuschen, wäre aufrecht und vielleicht sogar noch bessere Werbung für das neue Produkt.
Ach ja, was für Ernährungstipps werden denn gegeben? Zu meiden sind Innereien, einige Meeresfischsorten und -früchte sowie rotes Fleisch, Bier und zuckerhaltige Getränke. Och jo. Zuckerhaltige Kuchen sind scheins okay, genau wie der Putenbraten und das Weißmehlbrötchen. Ich sag’s mal ganz deutlich: ein großes KOTZ.
Übrigens sollte Frau Löll unbedingt einen kleinen Kursus bei mir besuchen, wie man Pressinfos, die direkt von den Firmen kommen, wenigstens so umformuliert, dass es nicht so offensichtlich ist wie hier. Spätestens beim letzten Satz, weiß nämlich jeder, der nur mal entfernt mit Medizin und entsprechenden Veröffentlichungen zu tun hatte, woher der Text stammt: „Laut den Experten hat es [das neu zugelassenen Präparat] Vorteile, was die Behandlung von Patienten mit Nierenschäden angeht. Allerdings beeinträchtigt es bei einigen wiederum die Leberfunktion.“ Solche Formulierungen entspringen keiner Redakteursfeder.
Übrigens, wer es noch nicht weiß: eine tiereiweißfreie Vollwerternährung beeinträchtigt weder Nieren- noch Leberfunktion. Was sie mit der Gicht macht, sag ich lieber nicht, weil es irgend so ein Gesetz gibt, dass „man“ keine Heilaussagen machen darf… Aber vielleicht findet sich ja ein Ex-Gichterkranker oder eine ehemalige Gicht-Patienten, die dazu etwas kommentieren kann. Das ist (noch) nicht verboten