Kommentar vom 2. Dezember 2010: Weihnachten naht
In Ebay wird seit einigen Wochen schon die noch verbleibende Tageszahl bis Weihnachten angezeigt. Das ist einmal ein böser Indikator dafür, wie die Zeit rast, weil ich manchmal denke: Huch, waren das gestern nicht noch 36 Tage, jetzt nur noch 22, wie kann das sein? Das Phänomen der rasenden Zeit kenne natürlich nicht nur ich.
Heute Morgen nach dem Frühstück las ich die Tageszeitung, der Einzelhandel ist soweit sehr zufrieden mit dem Weihnachtsgeschäft. Allerorten gibt es jetzt in den Onlineshops Weihnachtskalender mit Sonderangeboten. Ich habe das erste Weihnachten vor mir, wo ich wirklich nur noch ein einziges Geschenk mache und dementsprechend auch nur mit einem Geschenk „rechne“. Ich empfinde das persönlich als sehr entspannend. Ein paar Weihnachtskarten muss ich noch kaufen – wenn mir jemand eine schickt, finde ich es höflich, dann auch eine zurückzuschicken.
Einen Stollen oder Plätzchen backen mache ich schon. Das reicht mir an vorweihnachtlicher Aktivität. Wobei ich mich an Weihnachten, früher, zu Hause durchaus gerne erinnere. Da gab es eine Adventsschale, wir haben an den Adventssonntagen genau bei der abgezählten Kerzenzahl gesungen und beisammen gesessen. Wobei ich mich immer über meine Mutter geärgert habe, weil sie aus Sparsamkeitsgründen am zweiten Advent nicht die Kerze vom ersten Advent plus einer neuen anzündete, sondern zwei neue. Das sei dann gleichmäßiger verbraucht. Vielleicht hat diese Sparsamkeit für mich den ersten Keil in meine Weihnachtsbereitschaft getrieben? 😉
Mit Kindern im Haus ist das natürlich anders. Nur dieser Geschenkmarathon ist so eigenartig. Die Dinge, die mir am Weihnachtsfest in Erinnerung geblieben sind, sind ganz anderer Art. Das „Warten aufs Christkind“, während meine Eltern den Baum schmückten. Die Spannung wenn wir alle um den Gabentisch saßen, der mit einem großen weißen Damasttuch abgedeckt war, während mein Vater aus der Familienbibel die Weihnachtsgeschichte vorlas. Die Vorfreude auf den Putenbraten mit Preiselbeeren, leckerer Soße und Kartoffeln. Mein wachsender Widerstand zum Mitsingen der Weihnachtslieder, weil ich früh merkte, dass ich selten den richtigen Ton traf. Ich erinnere mich jedoch weder konkret an besonders gelungene noch völlig daneben gegangene Geschenke.
Was mich aber an Weihnachten jedes Jahr mehr stört, ist nicht die Kommerzialisierung des Weihnachtsfestes. Was heißt das schon? Wenn die Leute nicht kaufen würden, gäbe es das nicht. Alle klagen darüber, dass die Lebkuchen immer früher in den Geschäften erhältlich sind – aber mal ehrlich: Würden die Händler ihre Regale damit vollstopfen, Jahr für Jahr, wenn sie nicht gekauft würden?
Was mich jedoch am meisten stört ist das Gejammere über den Weihnachtskommerz. Gerade gestern las ich in einem Blog wieder mehrere Stimmen, die sich darüber entsetzten, dass Weihnachten überhaupt nicht mehr das Fest der Besinnlichkeit sei. Überall lese ich das, höre ich das. Das sind mindestens gefühlte 75 % 🙂 der Bevölkerung. Ey, wer heuchelt denn da – der Handel oder diejenigen, die sich so erhaben über diesen Kommerz aufregen?
Ich plädiere nicht dafür, dass jederman wie ich das Weihnachtsfest fast unter den Tisch fallen lässt. Das ist eine Entscheidung einer Lebensphase und einer persönlichen Lebenserfahrung. Ich wünsche mir mehr Ehrlichkeit an Weihnachten. Nicht immer das Geseufze über den Stress der Weihnachtszeit. Niemand wird dazu gezwungen. Und bitte nicht immer diese Phrasen: Ach lieber ein kleines, mit Liebe selbstgemachtes Geschenk als etwas lieblos Gekauftes. Ich bevorzuge lieblos Gekauftes, wenn die Alternative Wände voller liebevoller Kinderzeichnungen, selbstgemachte Kalender mit schlechten Fotos, formlose selbstgestrickte Pullover sind. Außer den eigenen Eltern finden allenfalls noch die Großeltern Kinderzeichnungen aufhebenswert 😉
Kommerz kann nerven. Aber ohne Kommerz ist es auch schwierig. Oder wollen wir alle wieder quasi von der Arbeit auf der eigenen Scholle leben und auf alle technischen Neuigkeiten verzichten? Ich nicht. Ganz simpel ausgedrückt: Wenn keiner mehr etwas Überflüssiges kauft, ist die Wirtschaftskrise vom letzten Jahr ein blasses Abbild dessen, was uns dann erwarten würde 