Degenerierte Gesellschaft

Heute Morgen, WDR 2, so zwischen 5 und 6:15 Uhr, kam eine Meldung zu den verfallenden Milchpreisen. Was kann man dagegen tun, fragte die Moderatorin. Antwort: Mehr Milch kaufen. Was damit tun? Eine Expertin gab Rat: Man kann damit z.B. auch baden – 3 bis 4 Liter vollfette Milch ins Badewasser, das ist wunderbar.

Wenn in einer Gesellschaft Lebensmittel – von der Herkunft dieser Milch von gequälten Kühen will ich hier gar nicht sprechen – zum Baden empfohlen werden, damit die Preise nicht fallen, ist etwas ganz, ganz verkehrt.

Mir dreht sich da alles.

 

Werbung

Frag doch mal die Ute: Antworten Januar

1. Januar 2013: Frag doch mal die Ute: Antworten

Die Entscheidung war diesmal wieder deutlich, aber nicht so deutlich wie bei den letzten Malen. Aber Butter und Sahne interessieren euch am meisten:

Zu den anderen Fragen:

Nudeln:
Mal eine Frage zu Nudeln: wie siehst du die Verwendung von gekauften Vollkornnudeln? Egal ob aus VK-Grieß oder aus VK-Mehl, die dürften doch durch ihre Lagerzeit schon viele Vitalstoffe verloren haben, oder? Bei selbstgemachten Nudeln würde mich interessieren, ob du eher zum Trocknen oder zum Einfrieren raten würdest und wie lange selbstgemachte, getrocknete Nudeln höchstens lagern sollten.

Wenn ich in Zeitnot bin, nehme ich auch schon mal gekaufte Nudeln und achte dabei darauf, dass sie aus Vollkornmehl, nicht aus Gries hergestellt sind. Allerdings gibt es so viele andere leckere Dinge, die schnell gehen, dass ich nach einer ausgiebigen Kaufnudel-Phase wieder davon abgekommen bin. Ganz strikte Vollwertler raten zum Einfrieren. Ich habe nicht so viel Platz in meiner Tiefkühltruhe, denn sie müssen ja erst einmal als Lagen einfrieren. Außerdem schmecken sie mir nicht, sie werden labberig. Ich trockne sie daher. Haltbarkeit? Ich habe keine Ahnung. Vom Gesundheitswert her wohl nicht länger als 2 Wochen, weil das Mehl dann „tot“ ist. Aber irgendwo…. wird’s mir dann auch egal 😉 Wenn ich größere Mengen herstelle, verwahre ich sie auch schon mal 8-12 Wochen.

Ranziges Nussmus
Nüsse und Nussmus esse ich jeden Tag. Leider haben viele Nüsse einen ranzigen Beigeschmack, auch wenn sie noch nicht abgelaufen sind. Meinen Vorrat, der nicht sehr gross ist, lagere ich im Keller oder im Kühlschrank. Mandeln und Macadamianüsse sind am schlimmsten. Was mache ich mit dem ranzig schmeckenden Nussmus? Ich esse noch nicht so lange vegan, daher ist mir der Unterschied aufgefallen. Geht das nur mir so oder kennen auch andere dieses Problem?

Ich selbst kenne das Problem nicht außer bei Pinienkernen (die esse ich deshalb nur geröstet) und Macadamianüssen (die lagere ich im Kühlschrank). Wenn das Nussmus ranzig schmeckt – mal probieren, ob es als Soßendickmittel noch zu verwenden ist oder eingebacken in Teig / Pfannkuchen usw.

Stellung von Tiefkühlkost in der Rohkost
Ich würde gern wissen, wie das Einfrieren von Lebensmitteln in der Rohkost eingeordnet wird. Für das Erhitzen gibt es ja die kritische Obergrenze von 42°C. Gibt es auch eine kritische Untergrenze?

Mir ist keine kritische Untergrenze bekannt. Manche Rohköstler lehnen Tiefgekühltes insgesamt ab, andere essen sie nach dem Motto „Auch die Natur friert ein“. Ich friere auch ein, aber nur recht wenig. Denn wenn ich mir anschaue, wie Erdbeeren vor und nach dem Einfrieren aussehen, erkenne ich, dass offenbar Strukturen zerschlagen werden. Als Notvorrat oder bei Brotüberschuss und ähnlichem: Ja, gut.

Silikonbackformen: Ja oder Nein?
Was hältst du von Silikonbackformen für Sauerteigbrote? Ich finde sie praktisch, weil nichts anhängt und sie auch sauerteigbeständig sind. Wegen der Kunststoffbelastung oder Ausdünstung (?) meine ich, dass ja auch vielfach Silikon-Backfolie benutzt wird in der VWK, oder gibt es für dich einen Unterschied bzw. andere Argumente gegen Silikonbackformen?

Gegen die Silikonbackformen spricht das praktische Handling, mit Teig drin sind sie anfällig fürs mir aus der Hand fallen 🙂 Dann sind sie natürlich Kunststoff. Und mit der Zeit werden sie „schmierig“ und nehmen Geruch an. Ob sie jetzt grundsätzlich schädlich sind oder nicht, ist nicht entschieden. Es gibt Vollwertler, die immer Beweise aus dem Ärmel zaubern, wie schädlich Silikonbehälter sind. Die Untersuchungen sind meist knochenalt oder es gibt auch Gegenbeweise. Letztendlich bleibt es unserem eigenen Urteil vorbehalten, solange keine eindeutige Meinung vorliegt (auch wenn das einige behaupten, siehe oben). Meine Backformen habe ich alle aussortiert, bis auf die kleinen Muffinbackformen. Es liegt meiner Ansicht auch daran, ob wir ein Billigprodukt oder gute Ware kaufen!

Milch in aller Munde

27. Februar 2012: Die Milch

Vor ein paar Wochen machte mich eine Leserin auf einen interessanten und kritischen Beitrag zur Milch aufmerksam:

Dies ist für einen „normalen „Fernsehsender“ wirklich schon ein beachtlicher Fortschritt, da die Redakteure es geschafft haben, Pro- und Antistimmen ohne polemische Wertung vorzustellen. Nicht alles entspricht der Vollwertauffassung, aber es ist ganz gewiss, da stimme ich der Leserin zu, ein guter Beitrag. Neu war für mich z.B. auch, dass es speziell die Milch ist, die so problematisch ist – Milchprodukte wie Käse usw. sind es weniger. Menschen mit Laktose-Intoleranz, so wird berichtet, vertragen keine Milch, aber durchaus Käse. Diesen Aspekt sollten wir im Auge behalten, wenn wir Menschen beraten, bei denen wir eine tiereiweißfreie oder tiereiweißarme Ernährung empfehlen möchten: Ganz wichtig ist, dass sie erst einmal die Milch weglassen, die anderen Milchprodukte können dann schrittweise folgen.

Leider werden solche wertvollen Beiträge durch die alltägliche Medienberichterstattung immer wieder unterhöhlt. So las ich in der HörZu vom 3.2.2012 in der Rubrik „Medizin“ im Artikel über die Muskeln („Die geheime Kraftquelle“) ein paar Ratschläge – und sehe da das Foto einer jungen Frau, die mit einem Strohhalm offensichtlich Milch trinkt. Text: „EIWEISS für die Muskeln liefern Fisch, Fleischer, Eier – oder ein Milchshake“. Ach ja? Da freut sich die Milchindustrie… die nicht gerne etwas von Eiweiß in Getreide o.ä. hört.

Liebe Mitverschwörer…

Kommentar vom 28. September 2011: Nicht nur Orthorektiker, nein Verschwörungstheoretiker sind wir!

Es gibt vier Methoden, eine Meinung in der Öffentlichkeit zu untergraben: Die erste ist eine sachliche Entgegnung – die es heute im Journalismus leider nur selten gibt. Die zweite ist das Schwingen der braunen Keule, d.h. wir suchen solange in den Texten und im Leben unbequemer Menschen, bis wir etwas finden, dem wir das Etikett „Ha, brauner Sumpf!“ (wird gerne mit Bruker gemacht) verpassen können, der dritte Weg ist, etwas als anrüchig oder krankhaft darzustellen (hierunter fällt die Orthorexie) oder wir machen es lächerlich und stopfen es in eine Ecke, die jeder „vernünftige Mensch“ ablehnt. Da die braune Keule heute schwierig ist (wer ist da noch alt genug?) nehmen wir ab jetzt die „Verschwörungstheoretiker-Keule“. Und auf letzteres hat mich gestern eine Leserin mit einem Link aufmerksam gemacht.

Es geht um einen Artikel in der Süddeutschen Zeitung, die im Allgemeinen als niveauvoll und gut recherchiert gilt. Wer das je geglaubt hat, sollte sich einmal den Artikel über die Milch gut durchlesen. Schon der Titel „Öko-Fundis halten Milch für schädlich“ sagt doch aus, was im Folgenden kommt: normale intelligente Menschen trinken viel Milch, nur die Fundamentalisten, Ewiggestrigen und – es wird noch besser: die Verschwörungstheoretiker haben etwas gegen Milch. Denn die ist ja so gesund, wird in dem Artikel geschrieben. Die Menschen, die allen Ernstes laut hinausposaunen, dass es ihnen ohne Milchkonsum besser geht, werden dann gleich auch ordentlich lächerlich gemacht.

Natürlich wird dann auch eine Ernährungswissenschaftlerin zitiert, die sagt, dass wir in der Kinderernährung vielleicht noch das Fleisch, nicht aber die Milch weglassen können. Da muss ich doch Frau Mathilde Kersting vom Forschungsinstitut für Kinderernährung fragen: Wie haben die Menschen dann je gelebt, bevor sie Kühe domestizierten? Was ist mit den Naturvölkern, denen keine Kühe zur Verfügung stehen? Frau Kersting giftet dann weiter vor sich hin:

„Pflanzliches Eiweiß ist nun einmal nicht so wertvoll“, erläutert Kersting. „Um die Milch zu ersetzen, müsste man völlig unrealistische Kombinationen essen, zum Beispiel Getreide mit Hülsenfrüchten.“

Ach, das pflanzliche Eiweiß ist nicht so wertvoll? Wieder hat hier einmal jemand die neusten Erkenntnisse verpennt. Getreide mit Hülsenfrüchten als völlig unrealistische Kombination? Hat sie selbst noch nie einen Erbseneintopf mit einer Scheibe Brot gegessen? Hat sie noch nie gehört, dass in Südamerika Mais zusammen mit Bohnen gegessen wird? Was ist daran unrealistisch? Wenn ich weiterlese wird mir nur schlecht:

Notfalls sollten Eltern auch mit Tricks nachhelfen, wenn Kinder Milch nicht pur mögen, empfiehlt die Ernährungswissenschaftlerin Brigitta Tummel für den Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte. „Milchprodukte lassen sich auch verstecken, in Cremesuppen zum Beispiel, Kartoffelpüree oder Pudding“, so Tummel. Auch sei gesüßter Kakao in jedem Fall besser als keine Milch.“

Was sind das für Wissenschaftlerinnen? Gesüßter Kakao, ein Aufputschmittel (Kakao) mit Suchtmittel (Zucker) besser als keine Milch? Ich könnte wirklich schreien, wenn ich das lese.

Man möge mir verzeihen, wenn ich da zur Verschwörungstheoretikerin werde und die Industrie reden höre. Sorry. Lest den Artikel ruhig selbst. Mehr als einmal konnte ich ihn nicht lesen, weil er völlig an meinem persönlichen Erfahrungsbereich und dem Wissen vieler Wissenschaftler vorbeigeht und reinste Propaganda ist. Mir wird da schlecht!

Der Link zum Artikel: hier

Das FKE, aus dem Frau Kersting kommt, hat groß auf jeder Seite die von der DGE forcierte Ernährungspyramide, bietet auch Rezepte – natürlich mit Jodsalz, Zucker, viel Fleisch. Frau Brigitta Tummel ist Diplom-Oekotrophologin 🙂 Und zu ihr fand ich noch einen hochinteressanten Link: hier

Eine maßlose Ungeheurlichkeit ist dieser Artikel. Schade, dass ich die SZ nicht abonniert habe – ich würde sie auf der Stelle kündigen.

Die Milch

Kommentar vom 8. Juni 2011: Mythos Milch

So lautete die Überschrift eines Artikels in der HörZu vom 20.5.2011 (ab Seite 6). Ich schlage das Wort „Mythos“ in Wikipedia nach und finde:

Ein Mythos […] ist eine erzählerische Verknüpfung von Ereignissen. In der Neuzeit hat der Begriff einen erheblichen Bedeutungswandel erfahren. Er wird in der Gegenwart für eine Erzählung verwendet, die Anspruch auf Geltung erhebt (Ideologie). Je nach Standpunkt ist diese Geltung berechtigt (auf Tradition oder Konsens gestützt) oder unberechtigt (als Gerücht oder Lügengeschichte).

Das heißt, wenn etwas „Mythos“ genannt wird, kann ich damit rechnen, dass Hintergründe erklärt, Lügen und Gerüchte aufgedeckt werden. Dies umso mehr, weil es seit langem ein milchkritisches Buch mit ähnlichem Titel gibt („Milch, ein Mythos der Zivilisation“ von H. Aihara). Ich war echt überrascht. Würde die HörZu-Redaktion es wirklich wagen, an der Vormachtsstellung der Milch zu rütteln? Aber schon die Unterüberschrift brachte mich in die Wirklichkeit zurück:

„Sie schmeckt gut, und sie tut uns gut: Fakten rund um den weißen Wundertrank zum Weltmilchtag am 1. Juni.“

Es mag ja sein, dass Milch einigen Leuten schmeckt. Dies aber zu verallgemeinern, finde ich schon wahren Hohn. Und sie tut uns gut? Aha, da hat aber mal wieder wer nicht richtig recherchiert. Statt dessen wird ein Experte namens Prof. Hans Meisel vom Max-Rubner-Institut für Ernährung und Lebensmittel in Kiel zitiert, der uns die Unterschiede zwischen H-, ESL und Frischmilch erklärt. Die sind nämlich alle gleich gesund, weil sie alle dieselben Inhaltsstoffe enthalten. Öhm, wie ist das denn mit den kleingeschlagenen Fettteilchen in H-Milch und deren Darmwanddurchdringung? Das wird nicht erwähnt und ist Prof. Meisel wohl unbekannt.

Ein Blick auf die Homepage dieses Instituts (hier) zeigt mir auch gleich: Fleisch steht hier im MIttelpunkt. Und zwar keinesfalls kritisch. Na, wer hier an Lobbyismus denkt ist aber wieder mal ein kleines vollwertiges Ferkelchen 😉

Aber Prof. Meisel gibt sich ja auch ganz jovial, wenn es um den Fettgehalt der Milch geht: „Fett verleiht der Milch Gechmack … Viele Wurstwaren haben 30 Prozent Fett. ich weiß also nicht, warum man sich nicht die 3,5-prozentige Vollmilch gönnen sollte. Milchfette gehören zu einer ausgewogenen gesunden Ernährung dazu.“

Punkt. Der Herr Professor hat die Welt mal schnell wieder gerade gesetzt. Jetzt weiß ich endlich, warum ich so selten krank werde – mir fehlen die Milchfette genauso wie die Fleischprodukte 😉

Keime im Speiseeis

Kommentar vom 9. September 2010: Keime im Milcheis

Vor zwei Tagen las ich mit wohligem Gruseln und einer leichten Gehässigkeit einen Bericht in der Tageszeitung, dass in jeder vierten Portion Milcheis Keime entdeckt wurden. Während ich das las, verzehrte ich gerade eine gute Portion cremiges Eis ohne jede Milchprodukte, reine Frucht 🙂

Den Verbraucherschützern reicht die Qualität des Eises nicht, auch halten sie es nicht für hygienisch genug. Ohne das Eis nun verteidigen zu wollen: Aber Keime und Bakterien an sich sind doch überhaupt nichts Bedenkliches, ohne Bakterien im ganzen Körper würden wir kümmerlich eingehen. So sehr ich auch den Milcheisessern ihre Beschwerden gönne 🙂 so finde ich doch diese Berichterstattung mal wieder so typisch ungenau. Was für Keime sind das denn? Salmonellen? Das wäre allerdings bedenklich. Aber diese Redakteure gehören mal wieder zur vereinfachenden Sorte, für die alle Bakterien teuflisch sind. Völlige Sterilität ist aber lebensfeindlich.

Interessant auch daher der kleine Zusatz „Die Bakterien im Eis könnten gesunden Eis-Essern zwar wenig anhaben – bei Menschen mit einem geschwächten Immunsystem aber bereits Magen- und Darmerkrankungen wie etwa Durchfall auslösen.“ Genauso gut könnte ich nun verlangen, dass alle Gasthäuser, Restaurants, Theater, Opernhäuser, Kinos usw. völlige steril gehalten werden und möglichst von jeglicher Außenluft abgeschottet, denn es gibt Menschen, deren Immunsystem so stark geschwächt ist, dass sie nur in solchen künstlichen Umgebungen leben können.

Zwar kommt mir diese Bakterienbelastung im normalen Speiseeis sehr entgegen, weil ich mich dann so viel besser fühle (ohne Milchprodukte ist die Gefahr einer Keimbelastung ja wesentlich geringer), aber andererseits nervt mich dieses Gehampel mit Bakterien und Keimen auch. Vor vierzig Jahren z.B. wurde bereits Speiseeis vom Italiener gerne gekauft. Da gab es noch weniger Kontrollen als heute. Und die Verbraucherschützer fordern natürlich vor allem eins: NOCH mehr und noch stärkere Kontrollen. Denn noch ein schrecklicher Verstoß wurde festgestellt: Bei 20 % der Milcheissorten stammt das Fett nicht aus der Milch. Okay, dass beduppt wird, ist immer doof. Aber ohne Tiereiweiß ist doch nett 🙂

Wir sollten einmal wieder ein normaleres Verhältnis zu unserer Mikro-Umgebung entwickeln, statt vor jedem Keim schreiend davon zu laufen. Ich halte natürlich meinen Kühlschrank sauber – aber putze ihn wie Freunde von mir nicht jede Woche mit Sagrotan. Obst und Gemüse esse ich, wenn nicht gerade Dreck dran hängt, schon viele Jahre ungewaschen. Verbraucherschützer würden mich vermutlich direkt in Quarantäne stecken 🙂

Womit ich jetzt auch nicht meine, dass Schlamperei bei der Speiseeisherstellung genehmigt werden sollte. Bei Milchprodukten drohen halt Salmonellen, damit ist nicht zu spaßen. Vor allem, wenn man ein durch Industriekost geschädigtes Immunsystem hat 🙂

Die Tür zum Glück

Kommentar vom 8. April 2010: „Kolumne Milch kontra Soja“

In der Tageszeitung (RGA) gibt es gelegentlich eine Kolumne zur Ernährung. Vor mehr als einem Jahr entdeckte ich dort einen erfreulichen Artikel über die Unterscheidung von Grau-, Weiß-, Schwarz- und echtem Vollkornbrot. Hocherfreut schrieb ich der Verfasserin Irina Baumbach eine Email, um mich zu bedanken. Sie schrieb zurück, äußerte Interesse an meiner Webseite. Dann hörte ich nie wieder etwas. Das ist jetzt keine Beschwerde, das passiert öfter und ist der normale Lauf der Dinge. Aber seitdem beobachte ich diese Kolumne mit mehr Interesse. Frau Baumbach ist Ökotrophologin und Mitarbeiterin bei der Deutschen Fachgesellschaft für Ernährungstherapie und Prävention (FET) e.V.: http://fet-ev.eu. Schon damals riss mich diese Gesellschaft nicht vom Hocker, man betrachte nur die Ernährungspyramide, wo Fleisch, Fisch und Milchprodukte schon die zweitbreiteste Stufe ausmachen.

Es kamen dann noch einige Beiträge, die mich nicht so recht begeisterten. Nun gehöre ich nicht zu den Menschen, die Redakteure mit Leserbriefen eindecken. Und so werde ich auch heute Frau Baumbach nichts zu ihrer Kolumne vom 7. April mit der Überschrift „Kuhmilch oder Soja?“ schicken.

Kurz gesagt: Der Artikel ist eine Katastrophe. Erst einmal stellt sie die Debatte über Milch vor und stellt dann die Frage, ob denn „Soja tatsächlich eine gute Alternative?“ ist. Sie möchte die Frage nicht pauschal beantworten – schade eigentlich 🙂 Gefährdungen durch Sojaprodukte wie z.B. Schilddrüsenerkrankungen seien nur in Einzelfällen dokumentiert. Daher: „Wer gern zu Sojaprodukten greift, kann dies also auch weiterhin tun. Wem hingegen Kuhmilch schmeckt und diese zudem verträgt, sollte sich von ‚Milchgegnern‘ nicht verunsichern lassen und diese beruhigt weiterhin konsumieren.“

Wie kann eine Ökotrophologin das beim heutigen Wissensstand noch so schreiben? Fast unglaublich! Schon ungeheuerlich, dass die Milchgegner in Anführungsstriche gesetzt werden, so als seien sie eine lächerliche, nicht ernstzunehmende Gruppe. Brukers Schriften? Gelten wahrscheinlich nichts mehr, weil sie nicht auf einer Studie der Universität Hinterhupfelshausen, sondern nur auf anderen wissenschaftlichen Erkenntnissen und jahrzehntelangen Erfahrungen mit zig Tausenden von Patienten beruhen. Die Studie von T. Colin Campbell, von mir gerne zitiert – sicherlich für eine Ökotrophologin zu schwierig zu lesen, weil nur auf Englisch erhältlich.

Ich wünsche Menschen wirklich nichts Böses. Aber in meinen schwachen Minuten, wenn der gütige Teil von mir ganz verschwindend miniklein wird, denke ich doch: Meine Güte, ich wünschte diese Frau (ich meine das nicht persönlich, nehme sie nur stellvertretend für all die „Blinden“) bekäme eine saftige Allergie, sodass sie mal am eigenen Leib erleben könnte, wie Milch- und Sojaproduktfreiheit hilft. Aber vermutlich würde das auch nicht helfen. Wer nicht sehen will, sieht nicht. Ich habe ja schon öfter von dem jungen Mann geschrieben, der Allergien und Asthma hat und „noch nicht“ auf so vieles verzichten möchte. Ihm geht es im Moment allergiemäßig schlecht, und so habe ich gegen besseres Wissen ihm noch einmal ins Gewissen geredet. Heute kam er, das nächste Brot holen. Er versucht es jetzt mit Kanne Brottrunk. Er hat ja schon soooo viel ausprobiert. Wenn es helfen würde, würde er auch auf Zucker verzichten (ich habe nix gesagt, weil Zuckerverzicht alleine nicht hilft). Er überlegt sogar schon, ob er eine Reis-Kartoffel-Entgiftungskur macht oder eine Probe aus dem Darm wegen Pilzverdacht entnehmen lässt. „Warum“, sagte ich zu meinem Kollegen, „Warum probiert er alles, nur nicht die Vollwert, die doch so viel einfacher ist?“. Dem Kollegen fiel dazu eine asiatische Weisheit ein: Ein Weiser erzählt, dass es eine Wand zwischen dem Hier und dem Glück gibt, in der Wand eine deutlich sichtbare Tür. Die Menschen kommen zu der Wand verzweifelt, weinend, aber sie gehen nicht durch diese Tür. Sie tasten die Wand ab und suchen die zweite Tür, bis sie zugrunde gehen. Nur wenige schleppen sich dann nach viel Widerstand doch noch durch die einzige Tür…..

Weder Frau Baumbach noch mein Brotabnehmer haben die Tür bis jetzt gesehen.

Brukers Milchbuch

Kommentar vom 6. Februar 2010: Der Murks mit der Milch

Ich habe mir vor einiger Zeit vorgenommen, alle Bruker-Bücher zu lesen. Ich weiß, dass das manchmal etwas nervig sein kann, wenn dann im letzten Drittel des Buchs mal wieder das Frischkorngericht durchgenudelt wird oder schon wieder dieselben Dinge auftauchen. Dennoch: Sein Werk ist so umfassend, dass ich das schon gerne einmal durchgeackert haben will.

Als nächstes stand dann „Der Murks mit der Milch“ auf meinem Programm. Der Co-Autor Dr. M. Jung hätte mir Warnung genug sein sollen…. Egal, wie man jetzt zu Jung steht (ich kann ja seinen Stil nicht so gut ab), so mischen sich diese beiden Formulierungsarten einfach nicht. Bruker mit seiner ruhigen erklärenden Art, einem gewissen Witz und großer Ernsthaftigkeit nun noch mit der vermeintlichen Ironie von Jung gespickt. Wobei Ironie – so sehr ich sie selbst ja liebe – ein gefährlich‘ Ding ist, denn es gibt Leute, die dafür keinen Sinn haben, die verstehen einen dann leicht verkehrt. Außerdem ist Jung extrem polemisch. Das macht zwar beim Schreiben Spaß, kann aber beim Lesen penetrant rüberkommen.

Was mich auch massiv stört: Wenn ein Satz in „Ich“-Form formuliert ist, steht dann in Klammern (M.O.B.) bzw. (M.J.). Am Anfang habe ich gar nicht gewusst, was das soll! Bis ich dann auf die Namen kam… Es stört den Lesefluss. Eine (1) für Bruker, eine (2) für Jung und eine Erklärung hätten es auch getan.

Auch inhaltlich bietet mir das Buch nichts Neues. Ich kann nicht beurteilen, wie es sich für jemanden liest, der neu in der Vollwert oder den Kenntnissen zu Milch ist.

Der größte Blödsinn, mit Verlaub gesagt, ist aber für mich der Umfang des Buchs. Die ersten 30 Seiten und ein kleiner Anhang hätten nämlich gereicht. Wieso das? Nun, am Anfang machen die Autoren ganz klar, dass Milch ein Produkt ist, das in der menschlichen Ernährung nichts zu suchen hat. Wieso dann noch so viele Seiten über die Vorzüge der Rohmilch gegenüber der pasteurisierten und erst recht der H-Milch? Das hätte man dann in ein kleines Kapitel „Für die, die nun mal nicht auf Milch verzichten wollen“ packen können. So aber liest es sich dann doch so, als sei Rohmilch etwas, das empfohlen werden kann. Und das sehe ich nach Verinnerlichung von Brukers Worten, der Lektüre der China Study von Campbell und auch persönlichen Erfahrungen ganz anders. Mir kommt das so vor, als ob jemand über Messer schreibt, die einem aufgrund ihrer Konstruktion unweigerlich einen Schnitt in den Daumen verpassen, und anschließend wird dann noch stundenlang debattiert, warum ein Schnitt von 1 cm Tiefe im Daumen schlimmer ist als einer von 9 oder 8 mm.

Genauso wenig gefallen mir die Ausfälle gegen gewisse DGE-Mitglieder und den Müller-Milch-Konzern, vor allem Herrn Müller selbst. Wobei ich von ihnen niemanden rein waschen will, keineswegs, die gehören angeprangert. Dies hier soll aber doch kein Buch über Skandale in der Industrie sein – sowas ist bei Hans-Ulrich Grimm besser aufgehoben -, sondern mir Kenntnisse über die Milch vermitteln.

Und last but not least: Durch das Alter des Buchs waren mir wirklich fast 90% der Fakten bereits bekannt, der Rest ist nicht wirklich wichtig. Da sollte ein Verlag bitte nicht so tun, als sei das noch brandaktuell und für jedermann neu, sondern lieber darauf verweisen, dass dies quasi ein historisches Dokument ist, das seinerzeit mit Sensationen aufwartete.

Kurzum: Ein Buch, das ich nicht wirklich brauche.

Quelle: Der Murks mit der Milch; M.O. Bruker und M. Jung, 1994 (8. Auflage 2008), ISBN 98-3-89189-045-5

Kinderdoping

Kommentar vom 23. August 2009: Esprico, damit Kinder schon früh das Doping lernen

Bass erstaunt entdeckte ich vor ein paar Tagen bei einem Schaufensterbummel in einer Apothekenauslage ein neues Produkt: Esprico.

Was tun, wenn Kinder unruhig und unkonzentriert sind?
Mit ESPRICO® lassen sich Aufmerksamkeit und Konzentration auf natürliche Art fördern.

Und die weitere Erklärung:

Ein natürliches Nahrungsergänzungsmittel für eine ausgewogene Ernährung. Für sich und seine Familie ausgewogen zu kochen, ist nicht immer einfach: Im Alltag muss es oftmals schnell gehen – und andererseits schmeckt vieles, was gesund ist, dem Kindergaumen nicht: Seefischöl ist wertvoll, aber Pommes und Eis leckerer. ESPRICO® ist reich an wichtigen Nährstoffen und schmeckt fruchtig gut

Hier werden uns wieder Dinge als Wahrheiten unterstellt: Seefischöl ist wertvoll. Ach ja? Wieso müssen Kinder für eine gesunde Ernährung Seefischöl essen? Da habe ich doch von der Vollwertkost ganz andere Vorstellungen. Außerdem ist nicht alles Gesunde für den Kindergeschmack unerträglich, vor allem nicht, wenn Kinder frühzeitig z.B. vollwertig ernährt werden. Nahrungsergänzungsmittel taugen erstens nicht viel und gerade Kinder schon daran zu gewöhnen, ist ein Verbrechen. Da wird der Griff zur Pille für alles und jedes doch schon ganz früh zur Gewohnheit.

Auch die Zutatenliste lässt mich schaudern:

Zutaten:
Seefischöl (33,5%); Xylit;
Feuchthaltemittel: Glycerin; Magnesiumcitrat; Gelatine; modifizierte Stärke; Überzugsmittel: Bienenwachs gelb; mittelkettige Triglyceride; Nachtkerzenöl (2,3%); Orangen Aroma (80-90% Limonen); Emulgator: Lecithine aus Sojabohnen; Zinkgluconat; Säuerungsmittel: Citronensäure; Farbstoffe: Eisenoxid, Titandioxid; Süßstoff: Acesulfam K.
Frei von Konservierungsstoffen, Gluten, Laktose

Hervorhebungen in rot und kursiv sind von mir. Selbst wenn ich einmal die Hauptinhaltsstoffe nicht in Frage stelle – so ist der Rest nur grauenhaft. Lecithin aus Sojabohnen (von genfrei keine Rede), Farbstoffe, künstlicher Süßstoff. Wie hieß es doch oben gleich noch…. „ein natürliches Nahrungsergänzungsmittel“.

Es wird den Eltern auch Hilfe in gesunder Ernährung geben.

Wir essen nicht nur, um unseren Hunger zu stillen – und auch nicht nur, weil es schmeckt: Nährstoffe machen aus bloßen Sattmachern gesunde Lebensmittel, die dem Körper all das liefern, was er für beste Leistungsfähigkeit benötigt. Dass es dabei weit mehr gibt, als nur Kohlenhydrate, Eiweiß und Fett, ist längst kein Geheimnis mehr: Zahlreiche Inhaltsstoffe unterstützen ganz unterschiedliche Körperfunktionen – und so, wie Sie darauf achten, dass Ihr Kind ausreichend Kalzium erhält, das seinen Knochenbau stärkt, können Sie durch die richtige Ernährung auch einen wichtigen Baustein dafür liefern, dass ihm Konzentration leichter fällt.

Soweit – so gut.

Die klassische Ernährungspyramide, die viele von uns im Kopf haben, liefert hierzu allerdings nur wenige klare Aussagen und ist nicht unumstritten. So legt sie überproportionalen Wert auf stärkehaltige Produkte wie Brot, Reis und Nudeln – aber auch auf Weißmehl und Zucker, was Übergewicht begünstigt.

Wessen Ernährungspyramide soll das denn sein?

Andererseits differenziert die Pyramide nicht zwischen „guten und schlechten“ Fetten. Doch gerade Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren können Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit entscheidend unterstützen und sollten Bestandteil ausgewogener Ernährung sein.

Der Aufbau der Ernährungspyramide hat sich grundlegend verändert: Galten Getreideprodukte und Kartoffeln einst als wichtiges Fundament der Ernährung, so sollten nach Ansicht von Experten Weißmehlprodukte nach heutigem Wissen eher die Ausnahme bilden.

Welche unverschämte Unterstellung hier im letzten Satz, wo Getreideprodukte einfach mal schnell mit Weißmehlprodukten gleichgesetzt werden! Und was für „Experten“ sind das denn wieder?

Aber es gibt auch für hilflose Eltern ein Rezept für Grießpudding. Man beachte bitte, dass vorher auf die Gefahren von Zucker und Weißmehl hingewiesen wurde.

– 600 ml Milch
– 100 g Weichweizengrieß
– 2 Eier
– 100 g Zucker
– 1 Prise Salz
– 2 Birnen
– etwas Apfelsaft
– Zimt nach Geschmack
– 2 Esslöffel gehackte Mandeln

Die Liste spricht für sich. Dazu kommt noch, dass die beiden Eier auch noch ROH in den Pudding kommen (schüttel….). Und etwas, das mir auffiel: in den normalen Dr. Oetker-Vanillepudding, den ich noch aus meiner Kindheit kenne, kommt auf 500 ml Milch genau 40 g Zucker. Das war mir als Kind schon immer etwas zu süß. Hier auf dieser Website, wo sich mit Ernährungskompetenz gebrüstet wird, empfiehlt dieselbe Firma, die den Zucker gerade noch verdammte, 100 g Zucker auf 600 ml Milch!

Ich habe hier nur wenig kommentiert, mehr zitiert. Ich denke, mehr muss ich dazu auch nicht sagen. Und wer denkt, das sei eine heitere Satire von mir, schaue selbst bitte auf http://www.esprico.de/