17. September 2012: Ein neues Produkt von Rapunzel
Rapunzel wirbt ja gerne damit, dass sie Bio-Pioniere waren. „Bio-Pionier seit 1974“ heißt es in der Anzeige, die heute meine Aufmerksamkeit auf sich zog. Es wird ein Frühstücksbrei beworben, jetzt in drei neuen Sorten. Und oh welcher tolle Gag, oben heißt es „5 Minuten Ei? 3 Minuten Brei“. Na, mit so einem tollen Produkt muss ich mich doch einmal auseinandersetzen, oder?
Die Rezepte hat Rapunzel natürlich „sorgfältig entwickelt„. Wer wird auch schon für ein Produkt mit den Worten werben „bei der Entwicklung sind wir möglichst schlampig vorgegangen“? „Ob basisch, fruchtig oder nach Hildegard von Bingen.“ Ey, da war aber wieder mal ein Werbetexter am Werk, der weiß worum es geht, „basisch“ ist ja in, und für die ganz verknöcherten Bio-Gestalten vom alten Schlag ziehen wir schnell die gute alte Hildegard aus dem Zylinder. Ansonsten …. keine Infos. Also schaue ich doch mal im Internet nach…. und wurde sofort fündig.
Der ganze breiige Text zu diesem breiigen Produkt ist sowas von… Werbefuzzi-mäßig. Schon das Gelaber zum Frühstück an sich zielt ja eindeutig auf die heutigen Menschen ab, die stets in Eile sind (ich übrigens nicht, ich stehe früh auf):
„Gerade am Morgen vor dem Frühstück, wenn die ‚Maschinerie‘ noch nicht so richtig angelaufen ist, sollte die Zubereitung des Frühstücks einfach und schnell gehen. Der Guten Morgen Frühstücksbrei von Rapunzel ist ruck, zuck zubereitet.“
WIDERSPRUCH! Gerade wenn die Maschine noch nicht so richtig läuft, dürfen wir uns genussvoll der Frühstückszubereitung hingeben, eine der wenigen Zeiten am Tag, wo wir uns noch Ruhe gönnen können. Und ruck, zuck zubereitet, ähm, ja toll für ein Bioprodukt. Dann werden auf widerlich-anbiedernde Art irgendwelche angeblich wissenschaftliche Fakten auf uns eingedroschen.
„Hier werden die hochwertigen Getreideballaststoffe des Hafers eingesetzt und durch den Einsatz ballaststoffreicher Haferkleie verstärkt. Beta-Glucane haben einen wissenschaftlich belegten, positiven Effekt auf den Blutcholesterinwert und helfen erwiesenermaßen über ihre Sättigungswirkung, das Gewicht zu halten. … Die EFSA (European Food Safety Authority) empfiehlt hier 3 g Beta-Glucane pro Tag. Diese werden bereits mit 100 g Frühstücksbrei Basis erreicht. Diese Effekte werden durch den Einsatz von Leinmehl und den Ballaststoffen der ganzen Mandel zusätzlich gefördert. … die durch heiße Milch oder Sojamilch noch weiter optimiert werden kann. Sonnenblumenkerne, Sesam und Mandeln sind reich an ungesättigten und mehrfach ungesättigten Fettsäuren, die sich ihrerseits positiv auf die Blutfettwerte und den Cholesterinspiegel auswirken. Hafergetreide und Ölsaaten sind reich an Vitamin-B, Mineralien und Spurenelementen. Ergänzt durch hochwertige Saaten, wie Sesam und Sonnenblumenkerne sowie gesundem Amaranth schenkt es Ihrem Körper wertvolle Mineralstoffe. Abgerundet wird der Genuss mit echter Bourbon Vanille.“
Schon mal von der EFSA gehört? Nö, ich nicht. Aber der Name klingt gut im Text. Ich kann die erste Vorstellung der Werbeagentur dieser neuen Werbekampagne vor mir sehen, eine PowerPoint-Präsentation, Beta-Glucane in Rot auf der ersten Folie, Fettsäuren auf der nächsten… und dann kommt die letzte Folie: „Und Ihr Umsatz steigt 30 % wenn Sie unserer Agentur den Zuschlag geben“. Naja, ganz so deutlich steht’s nicht da.
Nichts gegen die Werbeagentur, die muss sich so einen Mist zusammenfaseln, der ihrer Meinung nach ins Herz der heutigen Bio-Käufer trifft (gute Bildung – also wissenschaftlich, leicht alternativ – also Ballaststoffe, so charakterisieren sie die Zielgruppe). Aber sich selbst als Bio-Pionier preisen und dann einen solchen Schrott, möglichst noch zusammen mit Sojamilch empfehlen, ist schon dreist.
Die Inhaltsstoffe finde ich auch auf dieser Seite:
Haferflocken* (59,00%), Mandeln* geröstet (14,00%), Amaranthmehl* geröstet (5,00%), Haferkleie* (5,00%), Sonnenblumenkerne* (5,00%), Sesam* geröstet (5,00%), Buchweizen* geröstet (5,00%), Leinmehl* (3,00%), Bourbon Vanille*
So teuer waren Haferflocken sicher noch nie 😉 Die Website findet Ihr hier
Übrigens: In Lahnstein wurde mal eine Weile großen Wert darauf gelegt, dass das VWK-Frühstück „Frühstücksbrei“ heißt, damit es nicht mit irgendwelchen Fertigprodukten verwechselt wird. Ob Rapunzel sich daran orientiert hat?