Kommentar vom 5. September 2011: Rechtschreibung
Eine gute Rechtschreibung finde ich immer noch die beste Visitenkarte. Heute gilt sie teils als verpönt. Online scheint sie eher schädlich als nützlich zu sein, wenn ich mich in diversen Foren, Ebay und YouTube umschaue. Ja, ich weiß – online ist es schwieriger, die Fehler im Griff zu halten. Das ist mit dem Bildschirm so. Deshalb drucken wir für die Arbeit auch alle Texte aus, wenn wir sie durchsehen wollen. Das Auge ist einfach mit dem Bildschirm nicht so unnachgiebig. Auch ist es nicht so, als wenn ich jedes Mal die Augenbraue hochziehe, wenn ich einen Fehler sehe. Wenigstens aber, so wünsche ich mir, möchte sich manch ein Forenmitglied doch ein einziges Mal den Text nochmals durchlesen, bevor auf den Absendeknopf gedrückt wird. So schwer ist die deutsche Rechtschreibung auch nicht. Wenn ich mich in YouTube schon mal über Zuschriften lustig mache, die nicht nur unverschämt-unflätig sind, sondern dann natürlich gerne auch noch voller Fehler (manch einer kann eben kaum noch Sch…. richtig buchstabieren), werde ich sofort als arrogant niedergemacht. Damit lebe ich gut. Wie gesagt – natürlich machen wir alle Fehler, das ist kein Verbrechen. Wichtig finde ich dennoch, sich die Extrasekunde zu nehmen und den Text wenigstens noch einmal zu lesen. Das ist auch eine Sache der Höflichkeit meinen Lesern gegenüber.
Letztlich nun erhielt ein Bekannter von mir einen Arztbrief. Er war beim Augenarzt gewesen. Kaum zu glauben, wie da in wenige Zeilen saftige Fehler eingebaut wurden. Algemeinmediziner mit einem L, hübsch gell? Der Name meines Bekannten natürlich nicht richtig. Zwischen Punkt / Komma und dem nachfolgenden Satz selten eine Leertaste (wo lernen die Damen schreiben?). Komma und Punkte werden auch nur nach Gutdünken verteilt. Einen ganzen Satz gibt es nicht, okay, das kostet zu viel Zeit. Dennoch gelang es der Praxis, noch mehr hübsche Dinge einzubauen. Ich zitiere einmal zwei Zeilen:
„R/L Papille vital, Makula altersgemäß, Netzhaut Engstellen der Arteriolen, Kalibashwankungen, Venöse Hyperämie keine Diabetische Veränderungen
1. Hinter Netzhaut gehört ein Doppelpunkt,
2. Venöse bitte mit kleinem v, denn davor steht ein Komma
3. Hinter Hyperämie bitte ein Komma, es hat nichts mit dem nächsten Ausdruck zu tun
4. Diabetische bitte mit kleinem d, denn es ist ein Eigenschaftswort und kein fester Bestandteil einer Wortfügung wie das Rot in Rote Beete 🙂
5. Das Schönste habe ich mir in dieser Zusammenstellung für jetzt aufbewahrt. die „Kalibashwankungen“. Klingt schön indisch, gell? „Kalibaschwankungen“ ist ja schon langweilig, vor allem, da es „KalibERschwankungen“ heißen müsste. Naja, ich kann wohl von einer Arztpraxis nicht erwarten, dass die entsprechenden Fachbegriffe korrekt geschrieben werden.
Noch was Hübsches:
Therapie: Brille z.T. nicht ändern.
Äh, z.T. heißt zum Teil. Wieso soll die Brille nur teilweise geändert werden? 😉 Gemeint ist natürlich „z.Zt.“ = zurzeit.
Gut, wenn die Schreibkraft des Deutschen nicht mächtig ist, so ist das eine Sache. Aber gibt es niemanden in dieser Praxis, der das wenigstens EINMAL Korrektur liest? Schaut der Arzt selbst nicht drüber, oder kann der auch nicht mehr buchstabieren?
Ziehe ich mich jetzt an Kleinigkeiten hoch, reicht es nicht, wenn der Arzt gut ist? Nein. Wie soll ich zu einem Arzt Vertrauen haben, der bei solchen Dingen schon so schluderig ist? Wer sagt mir, dass er dann am Auge nicht genauso großzügig über etwas hinwegschaut? Wobei ich die „Kalibashwankungen“ am bedenklichsten finde, denn DAS ist täglich Brot der Praxis. Die Praxis hat hier im bergischen Raum drei Niederlassungen – da weiß ich schon einmal, wo ich bestimmt nicht hingehe, wenn ich einmal eine augenärztliche Untersuchung wünsche.