Kommentar vom 20. Januar 2010
Die Bioszene verkommt mehr und mehr zu einer Farce. Die Devise „bio hat mit Vollwert häufig gar nichts zu tun, Vollwert sollte möglichst Bioprodukte aus nachweislicher Qualität verwenden“ wird immer wichtiger. Als ich gestern nach der Arbeit endlich mal zu dem neuen Edeka gegangen bin, der hier vor drei Jahren in Remscheid eröffnet wurde, habe ich natürlich auch die Bio-Abteilung erkundet, da der Rest des Ladens schon sehr beeindruckend ist in Aufmachung und Angebot. Ich fand das Übliche, vom Kartoffelpüree bis zum Tomatenmark, fertig gemahlenes Getreide. Aber der Clou kam dann bei den Süßigkeiten: Ritter Sport jetzt auch in Bio. Ich dachte, ich traue meinen Augen nicht, habe es euch aber zum Beweis abgelichtet. Die Tafel ist natürlich ein bisschen kleiner als die normale Schokolade, das beruhigt das Bio-Gewissen, das ja irgendwo noch ahnt, dass mit Schokolade etwas nicht in Ordnung ist.

Ich habe mir die Zutatenliste im Laden dann gar nicht mehr angetan. Ich wollte lieber meinen Adrenalinspiegel schonen. Dabei gibt es diese Schokolade, habe ich vorhin gelesen, schon seit 2008! Also Ihr kennt die vermutlich alle schon. Dennoch erlaube ich mir noch ein kleines feines Zitat von der Ritter Sport-Webseite (für die, denen noch nicht schlecht ist):
Aufgrund unserer guten Kontakte vor Ort zu Bauern und Farmern, aber vor allem auch wegen der fairen Preise die RITTER SPORT zahlt, konnten wir uns die seltenen Bio-Rohstoffe sichern: Kakao aus mittlerweile 14 Kooperativen in Nicaragua, aus Peru, Ecuador und der Dominikanischen Republik, handverlesene Sultaninen aus den USA, Mandeln aus Spanien, Australien und den USA, Cashewkerne aus Tansania und Brasilien, Macadamias aus Kenia, Milch und Zucker aus Deutschland.
All diese Zutaten und noch einige mehr ergeben fein aufeinander abgestimmt unsere fünf Bio-Sorten: Macadamia, Trauben Cashew, Mandelsplitter, Vollmilch 35 % und Feinherb 60 %.
Ich bin ja so froh, dass der Zucker noch aus Deutschland kommt. Und „14 Kooperativen“ kommt immer gut…. Ich frage mich ja manchmal: Wer glaubt eigentlich den Quatsch, den die Werbeagenturen hier verzapfen? Denn Herr oder Frau Ritter hat sich bestimmt nicht an die Tastatur gesetzt und sich mit Vehemenz für die Bioszene eingesetzt. Heute ist doch nur noch die Frage: Wer formuliert am geschicktesten, so dass der Bio-Gedanke alles durchfließt, ohne das an Gesundheit oder echtes Biobewusstsein geklopft wird. Zum K….
Als letzten Clou möchte ich dann doch noch die Zutatenliste der Vollmilchtafel präsentieren. Man beachte die vielen Sternchen für Bioanbau. Man beachte aber auch einmal, wo das Bio-Sternchen fehlt 🙂 Ich habe das mal farbig hervorgehoben. Wie immer in jeder Zutatenliste, muss ja die Zutat, die mengenmäßig am stärksten vertreten ist, ganz vorne stehen. Was haben wir denn da? Oh den Zucker. Aber aus Bioanbau, na da sind wir ja auf der sicheren Seite, oder? Auch Milchpulver ist so eine nette Sache. Aber Bio, was will ich also meckern?
Zutaten: Zucker (*), Kakaobutter (*), Kakaomasse (*), Vollmilchpulver (13,8%) (*), Magermilchpulver (5%) (*), Butterreinfett (*), Emulgator: Lecithine (Soja), Bourbon Vanille Extrakt (*), (*aus ökologischer Landwirtschaft)
Soja also das einzige Produkt nicht aus Bioanbau. Und somit können wir dann auch ziemlich sicher sein, dass Gensoja mitverarbeitet wurde. In der Herkunftsaufzählung erwähnt Ritter das Soja übrigens nicht. Kann ich nachvollziehen, denn wenn da auch noch dick stünde „Soja aus den USA“, würde der eine oder andere Leser doch stocken.
Butterreinfett, der Begriff war mir auch neu. Also habe ich mal Wikipedia zu Hilfe genommen:
Butterschmalz (auch Schmalzbutter, geklärte, eingesottene oder geläuterte Butter) ist aus Butter durch Entfernen von Wasser, Milcheiweiß und Milchzucker gewonnenes Butterreinfett. Es hat ähnliche Eigenschaften wie eigentliches Schmalz, wird jedoch nicht aus Schlachtfett, sondern aus Kuhmilch erzeugt.
Zur industriellen Produktion wird Butter bei 40 bis 60 °C geschmolzen und durch Zentrifugieren Wasser, das Milcheiweiß und der Milchzucker abgetrennt. Um letzte Wasserreste herauszudampfen, wird das Butterfett im Vakuumkessel abermals auf etwa 100 °C erhitzt. Anschließend wird das Butterschmalz mit Luft aufgeschlagen und abgefüllt.
Da die EU die Herstellung von Butterschmalz subventioniert, um den „Butterberg“ abzubauen, sind Zusatzstoffe vorgeschrieben, um die Rückführung des billigen Butterschmalzes in „Butter“ unterbinden und kontrollieren zu können. Dazu wird nach einer häufig verwendeten Formel Phytosterin und Stigmasterin unter Aufschäumen mit Stickstoff in einem Gewichtsanteil von 0,015 Prozent zugefügt.
Und was soll mir jetzt noch das Bio-Sternchen an dem Butterreinfett sagen?
Sonst noch Fragen??