13. Oktober 2014: Mal wieder geketzert…. Frisch gemahlenes Mehl
Wir Vollwertler wissen: Nur frisch gemahlenes Getreide ist wirklich wertvoll. Wir rümpfen daher die Nase über all die, die fertig gemahlenes Getreide kaufen. Heute wollte ich es einmal wieder genauer wissen und habe in Google „14 Tage altes Mehl“ eingegeben. Ich landete naturgemäß im Mainzer Forum und einem Artikel, der als Quelle für Tierversuche, die dies belegen ,“Kühnau und Bernasek“ angibt. An anderen Stellen fand ich es über Bruker/Gutjahr zitiert, und zwar mit dem Jahr 2010.
So etwas finde ich irreführend. Denn die Erkenntnis stammt nicht von 2010, sondern aus der Neuauflage des Brukerbuchs, der wiederum Kühnau und Bernasek nur zitiert. Eine kleine Recherche in Amazon ergab, dass Kühnau wohl in den 50er Jahren des letzten Jahrtausends gewirkt hat, da gibt es ein paar Bücher, wo er als Co-Autor über Vitamine geschrieben hat.
Hmmmm. Da stehe ich nun mit Erkenntnissen aus den 50er Jahren, die ich nicht einmal selbst nachlesen kann, weil es sie nur als Wiedergaben bei Bruker zu finden gibt. Google überschlägt sich bei „Kühnau und Bernasek“ nicht gerade mit Angaben, viele sind leicht esoterisch angehaucht, und natürlich: Das Zentrum der Gesundheit ist auch dabei. Ich behaupte nicht, dass alle Erkenntnis aus früheren Zeiten Unsinn sind. Jedoch sind die Messmethoden heute viel feiner. Es müsste doch heute möglich sein, auch ohne das „Zwischenschalten von Tieren“ das Mehl frisch vermahlen und vor festgelegten Zeiten gemahlen, beide dann in Brot verbacken, zu messen. Dazu gibt es nichts.
Gegenfrage, die ich mir selbst stelle: Wieso können Menschen dann mit der FoK-Methode gesunden, wo es nur um Vollkornprodukte, aber nicht um frisch gemahlenes Mehl geht? Da werden gekaufte, erhitzte Flocken verwendet. Bei welchen Temperaturen werden diese Flocken erhitzt? Über 90 °C? Denn so heiß wird es in einem Brot…
Ich möchte gar nicht von meinem frisch gemahlenen Getreide zurücktreten und fertig gemahlenes Mehl kaufen. Dafür liebe ich das schöne Mehl viel zu sehr. Nur denke ich, dass es vielleicht doch für den einen oder anderen Einsteiger einfacher wäre, die Vollwertkost „charmant“ zu finden, wenn er nicht gleich das Getreide säckeweise als Korn ins Haus schleppen muss.
Genauso ermüdet mich die Vollkornnudeldebatte. Ist der Unterschied Gries / Mehl als Grundlage wirklich so groß? Peter Birlin von der Birlin-Mühle hat mir einmal geschrieben, dass er den Unterschied für übertrieben hält, denn beim Gries wird ja nicht gezielt ein gewisser Teil des Korns abgesiebt wie beim Auszugsmehl, es wird einfach nur eine Größensortierung vorgenommen. Auch dies ist für FoKler völlig egal – und somit viel einfacher.
Außerdem, wenn wir schon beim toten Mehl sind: Das ist auch in gekauften Vollkornnudeln tot, denn die sind bestimmt älter als 14 Tage. Also jedes Mal Nudeln frisch herstellen? Oder einfrieren (da brauche ich aber eine große Fläche in der Truhe). Und dann werden sie gekocht. Wie groß ist da der Unterschied am Ende?
Ketzerische Fragen für einen Vollwertler, dem diese Dinge irgendwie ins Blut übergegangen sind. Aber wir dürfen sie uns immer wieder stellen und auch fragen, ob wir da nicht ein wenig übers Ziel hinausschießen. Nicht für uns selbst – aber um die Vollwertkost attraktiver zu machen.
Ich komme mehr und mehr zu der Ansicht, dass ein starker FoK-Einfluss sehr gut für die Vollwerternährung ist, der die wissenschaftliche Grundlage mehr und mehr entzogen wird, alleine aus Altersgründen, womit ich meine: Viele Erkenntnisse sind aus einer Zeit, in der einige Dinge nicht so präzise gemessen werden konnten. Und genaue Messungen sind ja nicht immer verkehrt!
Ein ganz anderes Beispiel: Ich sage ja immer, die Rohköstler kommen direkt von der Normalkost und haben Vollwertkost nie oder falsch durchgezogen, sie haben diesen Schritt übersprungen und glauben daher, ihre (nenne ich es hier einmal: extreme) Ernährungsweise führt dann natürlich zu größerer Gesundheit.
Wer sagt mir denn, dass es mit der Vollwerternährung nicht genauso ist? Haben wir irgendwo auch nur einen annähernd überzeugenden Versuch, ob Vollkornnudeln aus Mehl, Gries oder frischem Getreide wirklich einen großen Unterschied für die Gesundheit machen?
Als Beweis für die Qualität der Vollwerternährung werden gerne Brukers zig Tausende Patienten angeführt. Richtig, das ist überzeugend. Hätte er alle seine Patienten mit Rohkost ernährt… wären die Zahlen vermutlich genauso günstig.
Möglichst wenig „processed food“, das sagt FoK auch. Zucker weg, sagen sie auch. Aber vor allem auch: Tierprodukte aus dem Speiseplan (ich lasse hier den Honig einmal außen vor) und runter mit dem Fett. Und das sind zwei Punkte, die ich besonders gerne in der Vollwertkost integriert sähe, lieber als sich wegen der Zusammensetzung von Vollkornnudeln in Diskussionen zu verstricken.