Wie teuer ist Rohkost?

Kommentar vom 16. Juli 2009: Erst Bio-Nepp, jetzt Rohkost-Nepp?

Wer sich einmal intensiver mit Rohkost beschäftigt, wird bald feststellen, dass das ein recht teures Vergnügen werden kann, wenn wir den Köstlichkeiten erliegen, die der Rohkosthandel so anbietet, vor allem wenn man dann auch noch auf „Bio“ Wert legt. Ich gebe zu, ich bin auch diesem Wahn ein wenig verfallen und es gab Zeiten, wo ich glaubte, in meinen Rohkostphasen wirklich nur Produkte aus dem Rohkosthandel verwenden zu können – alles andere erschien mir dubios.

Im Moment befinde ich mich quasi auf dem Weg der Verschlichtung. Ja, stimmt, einige Sachen aus dem Rohkostversand sind sehr lecker. Aber geht es wirklich nicht ohne teures Mandelmus, teuerste Kokosstreifen, grüne Rosinen? Nun gut, Nussmus kann ich aus rohköstigen Zutaten auch selbst herstellen. Auf Kokosstreifen kann ich durchaus verzichten, ebenso wie auf die Coconut Cream. Die superexotischen Früchte, die viele Rohköstler so heiß und innig lieben (z.B. Durian), interessieren mich persönlich gar nicht. Ich weiß, dass ich meine nächste Rohkostphase im September auf jeden Fall wieder mit einer Dattelsorte statt mit zig verschiedenen Sorten und stärker regional orientiert gestalten möchte. Allenfalls ein paar Kakaobohnen reizen mich.

Für den Normalgebrauch bestelle ich Nüsse, Trockenfrüchte, Ölsaat und gelegentlich auch Getreide bei der Birlin-Mühle (einem Familienbetrieb), eine Zufallsentdeckung vor mehreren Jahren indirekt über Ebay. Die Homepage http://www.birlin-muehle.de steht übrigens kurz vor der Überarbeitung. Die Mandeln sind einfach köstlich – ich ging aber immer davon aus, dass sie hitzebehandelt sind. Also dachte ich mir, da frage ich doch einfach mal nach. Ich habe schon öfter mit der Birlin-Mühle telefoniert, die Kundenpflege wird dort groß geschrieben und jede Anfrage wird ernst genommen.

Und jetzt kam für mich die große Überraschung: „Der Birlin“ mit dem ich sprach, hat gerade eine 2,5-jährige „Weltarbeitsreise“ durch Produktionsbetriebe beendet, von der Türkei bis nach China. Ein wirklich spannendes Telefonat! Dabei stellte sich heraus, dass  Ölsaaten und Nüsse (natürlich nur die mit Haut) niemals einer thermischen Behandlung unterzogen werden. Die Sonnenblumenkerne werden, wie Birlin berichtete, in China in ganz armen Gegenden quasi noch in der Schürze gesammelt.

Wir werden ja häufig von der Industrie zum Narren gehalten. Aber sobald Geld bei einer Sache gerochen wird, wird die Wahrheit auch gerne einmal etwas geschickter verkauft. Wenn ich zum Beispiel Mandeln mit dickem Etikett „Rohkost!“ anbiete, so kann ich 17 Euro pro kg dafür verlangen. Bin ich schlicht wie die Familie Birlin, dann kosten die ebenfalls rohköstigen Mandeln mal gerade 10 Euro pro kg.

Birlin bestätigte mir das, was ich auch von anderen verantwortungsvollen Betrieben (zum Beispiel dem Urkornhof in Österreich, http://www.urkornhof.at) kenne: Die Ware ist durchaus bio, aber trägt nur nicht das offizielle Etikett, weil dies mit vielen bürokratischen Auflagen verbunden ist. Wobei das Bio-Getreide von der Birlin-Mühle auch das offizielle Bio-Siegel trägt.

Ich habe mal wieder etwas dazu gelernt: Auch wenn ich alternative Richtungen einschlage, darf ich nicht alles glauben, was ich so sehe bzw. muss zwischen den Zeilen lesen. Wenn jemand ein dickes Schild auf seine Rosinen klebt „Rohkostqualität“!, so heißt das nur eins: Diese Rosinen haben (wenn ich mal Vertrauen zum Verkäufer voraussetze) Rohkostqualität, nicht mehr, und nicht weniger. Und vor allem heißt es nicht, dass alle anderen Rosinen nicht-rohköstig sind. Nachfragen bleibt uns eben nicht erspart oder anders rum: Nachfragen kann Geld sparen!

6 Gedanken zu “Wie teuer ist Rohkost?

  1. Silke 7. August 2009 / 22:10

    Hallo,

    ich hab vor kurzem eine Rezeptesammlung eröffnet, in der sich fast nur Rezepte befinden in denen eben jene teuren Zutaten nicht enthalten sind (einige Ausnahmen gibts). Ich habe ähnliche finanzielle Bedenken, versuche aber auch meiner Familie immer Rohkosttips zu geben und die wohnen in einem Dorf in der Mitte vom Nirgendwo. Da bin ich froh, dass es dort mittlerweile Avocados gibt. Vielleicht schaust du ja mal vorbei:

    http://www.rohelust.com

    Alles Liebe,

    Silke

  2. onebbo 8. August 2009 / 09:58

    Hallo Silke,

    ich habe mir deine Seite gerade einmal angeschaut, gefällt mir auf Anhieb gut. Vor allem begründest du z.B. deine Gründe gegen Zucker mit einer Literaturliste und verweist auch sonst auf Quellen. Das ist heute selten geworden und freut mich. Auch der Teil „Über mich“ ist offen, ohne voyeuristisch zu sein. Eine Seite, auf die ich bestimmt zurückkehren werde! Vielen Dank für deine Hinweis.

    Warst du schon mal auf meiner Seite http://www.vollwertkochbuch.de ?

    Viele Grüße
    Ute

  3. Silke 8. August 2009 / 11:58

    Hallo Ute,

    vielen Dank für deinen Zuspruch!!!

    Ich war schon mal auf deiner Seite – vor paar Jahren, ich hab sogar dein „Rohkostbuch für Normalos“ (da fand ich den Titel toll)

    Ich wußte nur nicht, dass das hier dein Blog ist. – Ist ja witzig.

    Ich schau mir die Tage deine Seite nochmal genauer an und mache auf jeden Fall auch nen Link.

    Alles Liebe,

    Silke

  4. onebbo 8. August 2009 / 12:04

    Hallo Silke,

    ja, mein Buch habe ich in deiner Liste auch entdeckt 😉 Das ist ja interessant, wie wir unbekannterweise dann alte Bekannte sind…

    Schönes Wochenende!
    Ute

  5. Silke 8. August 2009 / 12:12

    Dir auch ein schönes Wochenende und alles Liebe!

    Silke

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