24. Januar 2014: Grundlagen der Vollwertküche: Wasser berechnen
Wasserangaben in Rezepten können zum Lachen anregen. Gerade an den Wasserangaben kann ich leicht erkennen, ob da wieder einmal ein Autor am Schreibtisch gegrübelt hat oder wirklich in der Küche stand. Wenn ich z.B. lese, dass ein Teig aus 500 g Mehl und 400 g Wasser geknetet und ausgerollt wird, bekomme ich einen Lachanfall. Das ist entweder ein Tippfehler oder Betrug am Leser. Obwohl sich die Wasserzugabe je nach Erntebedingungen und Getreideart unterscheiden kann, gibt es dennoch Faustregeln, die es sich zu merken lohnt.
Einfach ist der Nudelteig für die manuelle Verarbeitung. Da nehme ich halb so viel Wasser wie Getreide, also 125 g Wasser auf 250 g Getreide. Einen Teil des Wassers kann ich auch durch Öl ersetzen. Das habe ich früher öfter gemacht, weil ich dachte, das macht den Teig geschmeidiger. Andererseits erhöht es aber den Fettanteil in der Nahrung „unbemerkt“, also habe ich das wieder deutlich eingeschränkt. Nudelteig für eine Maschine muss deutlich trockener sein.
Mit diesem Nudelteig lassen sich auch prima Fladen und Brätzeli herstellen. Er lässt sich sehr gut ausrollen.
Bei Broten und Kuchen gilt die Faustregel: 300-320 g Wasser auf 500 g gemahlenes Getreide. Früher habe ich immer forsch gleich 320 g Wasser genommen, aber nachdem ich zu häufig bei einem klebrigen, nicht ausrollbaren Teig endete, habe ich das auf 300 g gesenkt. Heute fange ich also mit 300 g Wasser an zu kneten. Je nachdem, welche Teigart ich benötige, kann ich immer noch leichter Wasser einarbeiten als mehr Mehl. Wenn ein Teig das erste Mal geknetet wurde, sollte die Konsistenz so sein – wenn ich ihn ausrollen möchte -, dass er gerade leicht an der Hand klebt, nicht mehr.
Bei Kamut ist die Wassermenge, die ich brauche, deutlich geringer. Da beginne ich mit 280 g / 500 g Kamut. Andere Getreide wie Rotkornweizen vertragen auch etwas mehr, gerade Rotkornweizen quillt richtig nach, wie ich das in Vollwertbüchern aus den 80er Jahren immer lesen kann. Bei Dinkel gelingt mir das nicht so gut. Übrigens ist einfacher Weizen wunderbar in der Verarbeitung und deutlich unempfindlicher als Dinkel. Es besteht also kein Grund dafür, dass alle Vollwertgebäcke mit Dinkel gebacken werden, nur weil der Dinkel schwieriger in der Herstellung und etwas „ursprünglicher“ ist als Weizen. Ein feiner Demeter-Weizen steht in meiner Rangliste keinesweges unter dem Dinkel. Anfängern, die erst einmal ein Gefühl für Teigkonsistenz entwickeln wollen, empfehle ich unbedingt, mit Weizen anzufangen.
Getreide lassen sich übrigens wunderbar mit meinem Foccacia-Rezept austesten, bei dem es nämlich nicht so wichtig ist, ob die Foccacia nun ein wenig höher oder flacher ausfällt. Das Foccacia-Rezept, das ich über viele Monate vereinfacht habe, sieht heute so aus und wird um 12 Uhr „serviert“:
Foccacia mit frischer Hefe:
- 1/2 Würfel Bio-Hefe (20 g) in
- 190 g Wasser auflösen
- 200 g kleberhaltiges Getreide fein mahlen, mit
- 1 guten Prise Salz mischen. Das Getreide mit einem Löffel in das Wasser einrühren.
Foccacia mit Trockenhefe:
- 200 g kleberhaltiges Getreide fein mahlen, mit
- 1 guten Prise Salz und
- 1 Päckchen Trockenhefe (9 g) mischen, mit
- 190 g Wasser verrühren (mit dem Löffel).
Dann den Teig gut verpacken und über Nacht in den Kühlschrank stellen. Um 10 Uhr nehme ich den Teig aus dem Kühlschrank. Um etwa 11.10 Uhr stelle ich den Ofen auf 240 °C (Heißluft; in der Vorheizzeit kann ich den Salat zubereiten). Kurz bevor der Ofen die Hitze erreicht hat (ca. 18 Min.) schütte ich den Teig vorsichtig auf ein mit Dauerbackfolie ausgelegtes Backblech. Er sollte möglichst wenig bewegt werden, also auf keinen Fall kneten.
- 100 g halbierte Cocktailtomaten mit der Schnittfläche nach oben in den Teig drücken (kann entfallen)
- Hagelsalz nach Belieben auf den Teig streuen, dann mit
- 1-2 EL Olivenöl bepinseln.
In den heißen Ofen schieben und 30 Min. bei 200 °C backen. Etwa 10 Min. auskühlen lassen und essen. Reicht nach einem Salat für 2-4 Personen.
Noch zu dem kleberhaltigen Getreide: Damit sind Weizen, Dinkel, Rotkornweizen, Emmer, Einkorn und Gelbmehlweizen usw. gemeint, sie können auch gemischt werden. Bei Kamut empfiehlt es sich, die Wasserzugabe auf 180 g zu reduzieren. Ich habe auch schon erfolgreich 50 g der 200 g durch Hafer, Buchweizen, Gerste usw. ersetzt. Aber Experimente empfehle ich immer erst, wenn das Grundrezept gemeistert ist. Am tollsten geht der Teig mit Rotkornweizen, dort kriegt er auch schönste Löcher 🙂