Ich backe ihn dreimal pro Woche!

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Wer schon mal öfter im Internet rezeptmäßig herumstöbert, kommt ohne solche Selbstanpreisungen nicht herum. Das reicht vom weltbesten Omarezept über 2-Minuten-Kuchen bis zu eben diesen Kuchen, die so toll sind, dass sie gleich mehrmals pro Woche gebacken werden.

Was stellen sich die Verfasser von so einem Schreibmist vor? Wer backt denn einen Kuchen dreimal die Woche? Es sei denn, es soll ein Büffet bestückt werden. Was für eine Riesenfamilie muss ich haben, damit ich denen dreimal in der Woche einen Kuchen vor die Nase setzen möchte? Und: Ich persönlich wüsste keinen Kuchen, den ich stets und ständig essen wollte.

Ich läse gern mal eine Statistik oder Studie, in der untersucht wurde, wer so einen Kappes glaubt. Und wie lecker diese hochgepriesenen Kuchen wirklich sind, oder wie einfach. Also von den 5-Minuten-Broten weiß ich noch, dass ich ohne Backzeit nicht unter 20 Minuten kam. Aber vielleicht wiegen diese Leute nix, sondern wissen einfach, wie viel 450 g Mehl sind?

Vielleicht nervt das auch niemanden außer mir. Weil man sich dran gewöhnt hat und es gar nicht mehr wahrnimmt. Ich sehe es jedes Mal. 🙂

Dr. Oetker

Ich oute mich: Ich bin ein Dr.-Oetker-Fan. Das hat damit angefangen, dass ich mit 16 Jahren angefangen habe zu kochen. Meine Mutter war sechs Wochen im Krankenhaus, was tun? Ich habe mich freiwillig bereit erklärt, Vater und Bruder zu bekochen, obwohl ich praktisch keine Kocherefahrung hatte. Meine Bemühungen waren äußerst erfolgreich! Nach dem großen Dr. Oetker-Grundkochbuch, das es schon lange nicht mehr gibt. Ich habe mich akribisch an die Vorgaben gehalten, alles ist gelungen: von der ersten Gemüsesuppe, über gefüllte Kohlrabi bis zum Kuchen (Rehrücken).

Als ich von zu Hause ausgezogen bin, habe ich mit dem mir eigenen Komplettierungswahn begonnen, alle Dr. Oetker-Kochbücher aufzukaufen. Die waren damals, was heute viele versprechen, gelingsicher. Daher habe ich auch meine Vorliebe für präzise Gewichtsangaben.

Heute finde ich die modernen Kochbücher aus dem Hause Oetker nicht mehr so beeindruckend. Sie sind einfach nicht mehr so eine komplette Sammlung vieler einfacher und auch etwas komplizierterer Speisen. Trotzdem – ich blättere immer wieder in den alten und finde schöne Dinge. Einige habe ich gar nicht mehr, nun ja, ich war auch immer schon eine Freundin des gründlichen Aufräumens. Wird nicht gebraucht? Verschenken! Auch das Grundkochbuch habe ich erst weggeben und mir dann neu gekauft.

Aber auch heute noch überraschen mich Dr. Oetker-Waren gern. Da ist einmal die Trockenhefe. Die ist einfach die beste, die ich je ausprobiert habe. Ich sage nur „gelingsicher“.

Nun habe ich vor ein paar Wochen etwas Neues entdeckt. Vielleicht gibt es das schon Jahre, aber dann ist es mir entgangen: Vanillezucker (kein Vanillinzucker) auf Basis von Rohrohrzucker. Na, da kommt Freude auf!

Vollwertig ist das sicher nicht, aber mir gefällt er besser als „normaler“ Vanillezucker, den ich allenfalls versehentlich kaufe, weil in manchen Supermärkten die Vanillezuckerpackungen den Backpulverpackungen sehr ähnlich sehen. Herkömmliches, preiswertes Backpulver nehme ich gern für die Reinigung von Becken, Freihalten von Ausgüssen usw.

Das Rezept für Lecker-Kuchen

Kokos-Rhabarberkuchen

1 Springform 26 cm

  • 1 Dose Kokosmilch (400 ml)
  • 2 Eier
  • 175 g Rohrohrzucker
  • 1 TL Vanillekonzentrat
  • 225 g Weizenmehl 1050
  • 100 g Weizenmehl 550
  • 1 P Weinsteinbackpulver
  • 1 Prise Salz

Belag

  • 300 g Rhabarber
  • 1 Ei
  • 100 g Rohrohrzucker
  • 50 g Kokosraspel

Inhalt der Dose in eine kleine Kunststoffdose geben, durchrühren und 1 Min. bei 440 Watt in der Mikrowelle erwärmen.

2 Eier mit dem Zucker schaumig rühren (Handrührgerät), Vanillekonzentrat unterrühren. Erwärmte (aber nicht heiße) Kokosmilch einarbeiten. Trockene Zutaten mischen und einrühren. Den Boden einer Springform mit Backpapier überspannen und den Teig darauf verteilen.

Für den Belag den Rhabarber in Stücke schneiden und auf den Teig legen.

Ei mit Zucker schaumig schlagen, Kokosraspeln unterrühren. So gut es geht, auf dem Rhabarber verteilen.

Form in den auf 160°C (Heißluft) vorgewärmten Ofen schieben und 55 Min. backen.

Ernährungsexpertise beim Weihnachtsbacken

Sondermeldung

Heute Morgen schlug ich die Tageszeitung (Remscheider Generalanzeiger) auf und bald verschlug es mir den Atem. Die Autorin H. wird als Ernährungsexpertin vorgestellt und gibt Tipps zum Backen. Ich habe ihr daraufhin spontan eine Email geschickt, weil ich das so einfach nicht stehen lassen konnte:

Guten Morgen Frau H.,

mit Erstaunen habe ich heute Morgen Ihre Kolumne zu leichten Plätzchen gelesen.

Woher haben Sie die Dinge, die Sie dort vertreten? Aus praktischer Erfahrung sicher nicht, so wie sich das liest. Leider ist es so, dass viele angebliche Ernährungserkenntnisse unüberprüft weitergegeben werden.

1. „Das (Backen mit …Öl statt mit Butter/Margarine) klappt bei Rührteigen … beim Mürbeteig hingegen gar nicht.“
Das stimmt so einfach nicht! Wenn Sie die Gewichtsverhältnisse richtig ausloten, bekommen Sie phantastische Mürbeteige. Ich verweise hier gerne auf meine Website.

2. Sie schreiben „Auch beim Mehl können Sie auf eine gesunde Mischung [von Vollkorn- und Auszugsmehl] achten und einige Teile von Weizenmehl durch Vollkorn- oder Dinkelmehl ersetzen“. Nicht nur ich backe seit vielen Jahren ausschließlich mit Vollkornmehl. Leider verrät schon die Formulierung „Vollkorn- oder Dinkelmehl“ Unkenntnis. Die Bezeichnung „Vollkornmehl“ umfasst sämtliche Getreide, egal ob Weizen oder Dinkel – und viele andere mehr; Dinkelmehl kann genauso gut ein Auszugsmehl sein wie ein Weizenauszugsmehl. Vollkorn heißt: Es ist das ganze Korn vorhanden, egal von welchem Korn; Dinkel ist eine Sortenbezeichnung.

3. Bei feinen Gebäcken eignet sich Ihrer Meinung nach Vollkornmehl nicht, weil im Auszugsmehl Gluten ist? Ja, glauben Sie denn, im Vollkornmehl ist kein Gluten? Woher soll das Gluten im Auszugsmehl denn kommen? Das Mehl 405 ist nur ein armer Rest vom vollen Korn, bei der Herstellung wurde kein Gluten zugesetzt. Gluten kommt aus dem ehemals vollen Korn!
Da widersprechen Sie sich allerdings in den nächsten Zeilen selbst, weil Sie dem Weizenvollkornmehl Gluten zusprechen. Fragen Sie mal einen Allergiker, der wird Ihnen gerne erklären, wo noch überall Gluten enthalten ist! Für Ihre feinen Teig empfehle ich übrigens Einkorn, fein gemahlen aus dem ganzen Korn. Das gibt Vanillekipferl, dass sich, wer gerne isst, die Finger danach schleckt.

4. „Wird dem Mehl Wasser zugegeben, bildet Gluten eine elastische Masse und hat für die Backeigenschaften von Mehl somit eine zentrale Bedeutung.“ Die Wassergabe alleine reicht keineswegs aus, um die Wirkung von Gluten zu erzeugen. Kräftiges Kneten ist ebenfalls angesagt. Das wird Ihnen gerne jeder bestätigen, der schon einmal einen Kuchen gebacken hat, egal aus welchem Mehl.

5. Und wieder folgt eine Verwirrung von Begriffen „Weizen- und Vollkornmehl“. Das ist so als wenn Sie sagen „Bier und alkoholische Getränke“.

6. Letzter Satz: „Bei vielen Rezepten können Sie außerdem statt normaler Butter Joghurtbutter oder Diätmargarine nehmen.“ Ihr Satz verrät es schon: Joghurtbutter ist unnormale Butter 🙂 Und Diätmargarine, öhm, haben Sie sich schon einmal mit der Herstellung von Margarine beschäftigt? Dann Margarine, und auch noch gepanschte, zu empfehlen, ist ein Hohn auf die Gesundheit.

Meinen Brief an Sie werde ich in meinen Blog setzen. Ich bin gespannt, was meine Leser dazu sagen.

Danke fürs Lesen.
Frohe Festtage & Gruß
Ute-Marion Wilkesmann

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Zu diesem Beitrag gab es 6 Jahre (!) später eine Fortsetzung. Die findet Ihr: hier