18. Aug. 2016: Überlegungen zu Vollkorn-Nudeln
Dass Nudeln aus Vollkornmehl gesünder sind als Nudeln aus Auszugsmehl liegt auf der Hand und wird wohl kaum bestritten von jedem, der es ernst mit gesunder Ernährung meint. Wer aus der Brukerschen Richtung kommt, ist aber auf Folgendes gedrillt: Vollkorn-Nudeln müssen aus Vollkornmehl, und nicht aus Vollkorngrieß hergestellt worden sein. Wenn wir also Nudeln kaufen und sie nicht selbst frisch herstellen – eindeutig das gesündeste, aber eben auch das aufwändigste Verfahren -, achten wir darauf, dass wir Nudeln aus Mehl, nicht aus Grieß kaufen. In entsprechenden Foren gibt es ganze Threads dazu, wo man die besten Nudeln bekommt: Rossmann hat sogar welche aus Vollkornmehl, dm auch eine Sorte, der Bioladen XYZ aber nicht, aber der Bioloden VWY schon.
Da ich stark brukerisch geprägt bin, habe ich das auch viele Jahre ohne Kritik übernommen, auch wenn mir ein Müller einmal erläutert hat, dass dies so nicht stimmt – für Vollkorngrieß wird das ganze Korn gemahlen und gesiebt, d.h. vom Zufallsprinzip her ist im Vollkorngrieß auch das ganze Korn noch enthalten. Er hat es besser erklärt, ich habe es leider nicht mehr wörtlich vorliegen, aber das Prinzip ist klar.
Zur Grießherstellung lesen wir in Wikipedia: „Grieß ist ein Begriff aus der Müllerei für Teilstückchen des Getreidekorns (meist Weizen) mit einer Größe von 0,3 bis 1 mm (300–1000 µm). Grießkörnchen sind rundlich bis kantig und weiß bis gelblich-braun gefärbt. Grieß wird ähnlich hergestellt wie Mehl, jedoch wird dazu die Mühle anders eingestellt. Die feinere Mehlfraktion, die bei diesem Mahlvorgang gleichzeitig mitentsteht, wird später ausgesiebt und als Mehl verwendet. Der Müller kann durch verschiedene Einstellungen am Walzenstuhl die Vermahlung so einstellen, dass entweder mehr Grieß- oder mehr Mehlpartikel entstehen. Staubförmige Mehlpartikel werden in der Mühle vom Grieß abgetrennt.“
Pruristen sagen nun: Es ist egal, was der Müller sagt, gesiebt ist gesiebt! Und es wird ja doch Mehl abgetrennt.
Wie oben gesagt: Frisch hergestellte Nudeln aus frisch gemahlenem Mehl sind sicher das Beste, was wir in diese Richtung essen können. Nur ist die Nudelherstellung wirklich im heutigen Alltag eine Herausforderung. Eine Frage, die mich lange zu diesem Thema beschäftigte, ging um das Alter des Mehls. In der VWK nach Bruker ist es ja immer ganz wichtig, dass wir das frisch gemahlene Mehl verwenden, denn mit der Zeit verliert auch Vollkornmehl seine wertvollen Inhaltsstoffe und nach etwa zwei Wochen ist es genauso „tot“ wie Auszugsmehl. Belegt wird dies mit Studien, die leider doch schon recht alt sind und heutigen Ansprüchen an die Wissenschaftlichkeit nicht mehr genügen. Aber selbst wenn ich das einmal akzeptiere: Wieso soll eine Nudel, die vor einem halben Jahr aus Vollkornmehl (ob das frisch gemahlen wurde, weiß auch niemand) hergestellt wurde, gesünder sein als eine Nudel aus gleichaltem Vollkorngrieß? Das ist doch eigentlich genauso tot wie alles Vollkornmehl nach zwei Wochen. Dieser Logik folgend dürfte ich sowieso nur frische Nudeln essen – und wenn nicht, könnte ich auch gleich Nudeln aus Weißmehl kaufen.
Dazu muss man sich nun einmal klarmachen, dass nicht alle wichtigen Inhaltsstoffe von Lebensmitteln „flüchtig“ sind. Die Ballaststoffe sind es schon einmal nicht. Anderer Vollwert- und Ernährungsrichtungen, die es auch ernst mit unserer Gesundheit meinen und sicher nicht nur leichtfertig sind, haben dieses Problem nicht. Hier seien UGB und die Forks-over-Knives-Bewegung genannt – beide verwenden gekaufte Vollkornnudeln und achten da weiter gar nicht auf die Herkunft.
Dazu kommt auch die Magie der Zahl. Wie oft essen wir denn Nudeln? Ich esse manchmal wochenlang keine, dann vielleicht zweimal pro Woche, oder einmal pro Woche welche. Und da soll es dann wirklich für meine Gesundheit in 20 Jahren ausschlaggebend sein, ob diese nun aus totem Vollkornmehl oder aus totem Vollkorngrieß hergestellt wurden? Das will sich mir nicht erschließen.